Dekorative Treppe im Hauptgebäude der Bauhaus-Universität in Weimar. - © ullstein bild/Daniel Lakomski
Dekorative Treppe im Hauptgebäude der Bauhaus-Universität in Weimar. - © ullstein bild/Daniel Lakomski

Nicht von einem Bauhaus, das unter der landläufigen Bezeichnung Baumarkt hierzulande viele Menschen kennen (und besuchen), ist im Folgenden die Rede, sondern vom historischen Bauhaus, der Kunst- und Designschule, die vor genau einhundert Jahren in Weimar gegründet wurde. Dieses andere Bauhaus, das schon wenige Jahre nach seiner Gründung zur Legende wurde und international breite Anerkennung fand, hat in Österreich nur wenige Anhänger gefunden. Während im Jubiläumsjahr 2019 in Deutschland dutzende Ausstellungen an das Bauhaus-Erbe erinnern, wird das Jubiläum in Österreich eher nur en passant wahrgenommen.

Die kühle Begegnung zwischen Österreich und dem Bauhaus mag eine kleine Episode illustrieren, die sich in den Sommermonaten 1930 zutrug. Damals reiste der aus Jena stammende Bauhausschüler Fritz (Friedrich) Heinze nach Wien. Die Donaumetropole interessierte ihn, denn er hatte am Bauhaus mehrere Vorträge des österreichischen Wissenschaftstheoretikers und Ökonomen Otto Neurath gehört und erfahren, dass dieser in Wien eine renommierte, sozial engagierte Bildungseinrichtung leitete, die mit gänzlich neuen visuellen und grafischen Methoden arbeitete: das österreichische Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum. In genau dieser Einrichtung, die eigentlich gar kein Museum, sondern eher eine innovative Erwachsenenbildungseinrichtung war, absolvierte Heinze ein Praktikum.

Fotografische Spur

Fotografie eines Bauhaus-Schülers in Wien: Opernkreuzung bei Nacht, Fritz Heinze, 1930. - © Archiv Holzer
Fotografie eines Bauhaus-Schülers in Wien: Opernkreuzung bei Nacht, Fritz Heinze, 1930. - © Archiv Holzer

Über seinen Wiener Aufenthalt ist wenig bekannt, wir wissen nur, dass der Gast aus Dessau in den Straßen Wiens fotografierte. Eine seiner Aufnahmen, sie zeigt die Opernkreuzung bei Nacht, erschien 1930 auf einer Doppelseite in der Novemberausgabe des "Wiener Magazins". Die Straße, der Verkehr und die Gebäude gehen im Schwarz der Nachtaufnahme unter, nur die bewegten Lichter des Verkehrs haben schmale, helle Streifen im Bild hinterlassen. Diese Fotografie des Bauhausschülers gehört - bis auf ein paar wenige biografische Verbindungen - zu den wenigen fotografischen Spuren, die das Bauhaus in Österreich hinterlassen hat.

Die Begegnung Fritz Heinzes mit Wien ist symptomatisch für die Verbindung, die Österreich und insbesondere Wien zum Bauhaus unterhielt: höfliches Interesse, ein fein dosierter Austausch, aber nicht mehr. Wieso blieb das Verhältnis der österreichischen Kulturszene zum Bauhaus derart unterkühlt? Warum strahlte das Bauhaus in viele Länder aus, aber kaum nach Österreich?

Bleiben wir zunächst bei Fritz Heinze. Der 1904 geborene Arbeitersohn war keineswegs ein typischer "Bauhäusler". Unter den Schülern waren Arbeiter in der absoluten Minderheit. Der Großteil des Bauhaus-Personals, sowohl der Schüler als auch der Lehrer, rekrutierte sich aus der gebildeten Mittelschicht. Die Mehrheit von ihnen stand politisch zwar links, engagierte sich aber nicht offen parteipolitisch. Erst als 1928 der Schweizer Architekt Hannes Meyer die Leitung des Bauhauses übernahm, fanden die erbitterten politischen Kämpfe, die in diesen Jahren in der Weimarer Republik tobten, verstärkt Eingang in das Bauhaus. Meyer, der sich in der Schweiz in der Genossenschafts- und Siedlerbewegung engagiert hatte, positionierte sich offen als Linker und wurde am 1. August 1930 aus politischen Gründen entlassen. Sein Weg führte ihn dann als Hochschullehrer nach Moskau.