Dabei denke ich unwillkürlich an die mit Gemälden und Grünpflanzen aufgepeppten Amtsräume am Friedrich-Schmidt-Platz, die eher einer barocken Kunst- und Wunderkammer glichen als einem modernen Verwaltungsbüro, wäre da nicht der überbordende Schreibtisch Susanne Strobls gewesen, die ihm täglich einen Pfad durch das Dickicht der Daten bahnte. Lebenskunst und Genuss waren für Ehalt ausgesprochen positiv besetzt. So konnte es an heißen Sommertagen schon passieren, dass einem eine Bowle angeboten wurde, die er oder eine seiner Mitstreiterinnen fachkundig mit einem Schuss Prosecco angesetzt hatten - jedenfalls bevor die gnadenlose GOM (Geschäftsordnung des Magistrats) solchen Capricen ein Ende bereitete. Aber die Botschaft war angekommen: selbst wenn man hart arbeitet, darf das Wesentliche - das Savoir-vivre - nicht verloren gehen.

Auch ohne prickelnde Erfrischungen verließ man Ehalts Büro meistens in irgendeiner Weise euphorisiert oder auf einem höheren Motivationslevel. Das mochte auch für die vielen Antragssteller gelten, die bei ihm vorstellig wurden, um eine Förderzusage der Stadt Wien zu erlangen. Ohne eine Debatte, die per definitionem ein wenig auszuufern hatte, gingen solche Treffen selten ab. Die Fähigkeit sich und andere zu begeistern war ein wesentlicher Schlüssel zu seinem Erfolg. Ein Enthusiasmus, der ihn selbst gelegentlich an Belastungsgrenzen führte. Es war nicht ungewöhnlich, dass man kurz vor Mitternacht noch einen Anruf aus dem Rathaus bekam.

Ehalt, der sich 1984 als junger und vielversprechender Wissenschafter auf Zuruf des damaligen Stadtrats Franz Mrkvicka bereit erklärte, das Wissenschaftsressort der Stadt zu übernehmen, wurde rasch zu einem effizienten und belastbaren Scharnier zwischen Universität und Stadt, was zur Folge hatte, dass das Wiener Modell auch international rezipiert wurde.

Wissenschaftspolitik

Der Wissenschaftsstandort Wien konnte sich plötzlich sehen lassen. Vielerorts beneidete man die Stadt um ihre Wissenschaftspolitik. Dass ihr "Scharnier" mitunter vernehmlich aufquietschte, hat zu Ehalts Ruf nur beigetragen. Und so wurde er, der im Symboljahr 1968 immatrikulierte und später wie so viele seiner Generation den Weg durch die Institutionen antrat, mit den Jahren selbst zu einer Art Institution. Wer heute zum Thema kommunale Wissenschaftspolitik forscht, kommt um seinen Namen nicht herum. Seine zahllosen Initiativen und Projekte, unter denen hier nur die Wiener Vorlesungen - das Dialogforum der Stadt Wien - mit ihren insgesamt 1500 Einzelveranstaltungen hervorgehoben seien, sind zwischen 2003 und 2016 in den Wiener Wissenschaftsberichten dokumentiert.

Und wie sieht er die Zukunft der Wissenschaft? In einer Zeit, in der in- und außerhalb der Universitäten die Möglichkeitsräume wieder enger werden und auch die Kommunen ihre Gürtel enger schnallen? Ehalt ist kein Schwarzmaler, schon gar kein Apokalyptiker. Ehalt ist Optimist. Nach Möglichkeit sieht er das Positive. Er kann gar nicht anders. Hoffnungsvoll stimmen ihn heute etwa die emanzipativen Chancen der digitalen Revolution, die für ihn noch lange nicht ausgeschöpft sind.

Zum Abschied überreiche ich ihm ein kleines Geschenk, ein Kunstbuch, das ich für einen Freund gestaltet habe. Draußen empfängt uns ein Schneesturm, und er fragt, ob er mich ein Stück mitnehmen dürfe. Der Taxifahrer stammt aus Indien und ist vom Wetter nicht begeistert, doch Ehalt wäre nicht Ehalt, würde es ihm nicht gelingen, die mürrische Fassade mit scheinbar beiläufigen Fragen zu durchbrechen. Am Ende verstehen wir nicht nur die Nöte eines Durchschnittsimmigranten, sondern wissen auch eine ganze Menge über Verwandtschaftsstrukturen im Punjab. Der Fahrer fühlt sich plötzlich wertgeschätzt, und von der anfänglichen Reserviertheit ist nichts mehr zu spüren.