
Im Jahr 1992 war die Gegend rund um Gloggnitz schon einmal Schauplatz einer Niederösterreichischen Landesaustellung gewesen. Unter dem Motto "Die Eroberung der Landschaft" widmete sich die Ausstellung genau jenen Interaktionen zwischen Stadt und Land, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts so charakteristisch sind.
Der österreichische Dramatiker Hermann Bahr skizzierte die Region rund um den Semmering als "eine Vorstadt der City, ein ungeheures Cottage, für jeden Bedarf versorgt, mit direkten Zügen in einer Stunde von der Stadt zu erreichen, auch nachts, nach dem Theater noch". Die Wiener Hausberge Rax und Schneeberg sind Zeugen einer erfolgreichen Domestizierung der Wildnis, wie der Historiker Wolfgang Kos festhält. Die Welterberegion Semmering-Rax, die genau jene Lebensnähe zum Ausdruck bringt, wird auch heuer neuerlich im Rahmen der aktuellen Niederösterreichischen Landesausstellung "Welt in Bewegung" gewürdigt.
Umstrukturierungen
Verlässt das Wasser nun die enge Bergwelt zwischen Schneeberg und Rax, öffnet sich bei Hirschwang das Schwarzatal hin zu einer traditionellen Strukturregion, ohne dass diese optisch von der Bergstation der Raxseilbahn sofort sichtbar wäre. Die Schlote im Alpenvorland qualmen schon lange nicht mehr so intensiv wie früher. Um die Strukturen der alten Industriegebiete zu fassen, muss wieder auf den Boden der Tatsachen hinabgestiegen werden.
Egal, ob die ehemalige Papierindustrie von Schlögelmühl, wo das regionale Schicksal bereits filmisch festgehalten wurde, oder weiter in Richtung Ternitz und Wimpassing, wo nach den Wasserreitern über Jahrzehnte auf mehr als ein PS gesetzt wurde -, die alte Industrie liegt darnieder. Steter Tropfen höhlt den Stein, wäre hier passend zu vermerken; dennoch, der Fluss der Dinge bringt auch wieder viel Neues hervor, bevor die Schwarza endgültig im Wiener Neustädter Becken versickert.
Vielfach mit Hilfe kofinanzierter Mittel aus den Strukturfonds der Europäischen Union, wurde gerade in den alten Industriegebieten des südwestlichen Niederösterreich heftig umstrukturiert. Zahlreiche Ausbauten und Gründungen, wie etwa der "Nova City Wirtschaftspark Wiener Neustadt", versammeln vor allem im High-Tech-Bereich vielfältige Innovationen. Sie zeigen auch die gegenwärtige Bedeutung der Industrieregion Niederösterreich-Süd auf und folgen damit dem Ähnlichkeitsprinzip, das für alte Industrieregionen prägend war. Auch die Maschinenindustrie in Ternitz wurde beispielsweise durch die Firma Amada wieder gestärkt. Hand in Hand mit Bildungseinrichtungen wie der Fachhochschule Wiener Neustadt wurde in den vergangenen Jahren auch die regionale Wissensbasis dieser Industrieregion ausgebaut.
Am Rande des Steinfeldes schlängelt sich die Hochquellenleitung entlang der Fischauer Berge in das Wiener Becken. Der Wiener Großraum zwischen Wiener Neustadt und Wien ist Österreichs Verflechtungsregion par excellence. Der Wiener Neustädter Kanal war bereits im Jahr 1803 der erste Wasserweg, der Wiener Neustadt und Wien verband und die Industrialisierung der gesamten Region mitbestimmte. Dieses strategische Bauwerk zum Lastentransport hatte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hohe Bedeutung.
