
Der Name Brioni klingt noch immer fein, verspricht etwas Schönes und Exklusives. Er erinnert an das kunstvoll gestaltete Paradies von Paul Kupelwieser, das er im altösterreichischen Süden erschaffen wollte. Dieser Mann hatte den Mut und die nötigen Mittel dazu und verspürte als 50-jähriger Unternehmer den starken Wunsch nach einer weiteren sinnvollen Aufgabe im Leben.
Er hatte seine erfolgreiche Laufbahn in der Eisenindustrie von Witkowitz beendet und wollte seinen Kindern eine ertragreiche Arbeitsgelegenheit vererben. Als ihm die verwahrlosten brionischen Inseln - 14 Stück mit insgesamt 700 Hektar Grundbesitz - in einem Archipel nördlich von Pola zum Erwerb angeboten wurden, reiste er kauffreudig an. Der Aufenthalt im versumpften Gebiet galt wegen einer tödlichen Form von Malaria als gefährlich. In seinem Buch "Aus den Erinnerungen eines alten Österreichers" notiert Paul Kupelwieser: "Ich hatte durchaus den Eindruck, es könnte bei Aufwand von ein wenig Verstand, Geduld, natürlich auch von immerhin größeren Geldmitteln gelingen, diese Erdscholle gesund, fruchtbar und in seiner Vegetation auch sehr schön zu gestalten."
Er kam, sah und kaufte - und das alles innerhalb von 13 Tagen! In Begleitung reiste Kupelwieser mit der Istrianischen Staatsbahn bis Pola, nahm den Einspänner zum Küstenort Faana und ließ sich mit einem Fischerboot nach Brioni Grande rudern. Das 120-jährige Jubiläum seiner visionären, folgenreichen Entscheidung wird Mitte August 2013 gefeiert.
Experimentierfeld für Malariabekämpfung
Den größten Stolperstein am Weg zum luxuriösen Gästeparadies stellt ohne Zweifel die permanente Malariagefahr dar. Der Experte auf diesem Gebiet, der Bakteriologie Prof. Robert Koch, forscht in diesen Jahren über die rätselhafte Erkrankung; in Italien lässt er Studien zur Bekämpfung der Malaria durchführen. Zufällig liest dies Paul Kupelwieser und bietet dem inzwischen weltberühmten Arzt sein verseuchtes Brioni für weitere Experimente an.
Das eigens für Koch gegründete Institut für Infektionskrankheiten in Berlin entsendet im November 1900 Professor Frosch, den Direktor der wissenschaftlichen Abteilung, mit seinem Assistenten Dr. Elsner zur Begutachtung der Situation in den Süden. Sofort fängt Dr. Frosch Stechmücken, entnimmt Gepäckträgern und Oberkellnern mit einer Mini-Stahlfeder Blutproben aus den Fingerkuppen und führt eine mikroskopische Untersuchung im Hotelzimmer durch. Schon beim Abendessen präsentiert er die Resultate: Die Mücken gehörten alle der gefährlichen Familie Anopheles an, die Blutproben zeigten verschiedene Typen von Malaria.
"Dr. Frosch fand, Brioni scheine ein wahres Eldorado zu sein für Leute, welche beflissen wären, Malariastudien zu betreiben", berichtet Paul Kupelwieser in seinen Erinnerungen. Die Präparate werden im Berliner Labor von Koch untersucht. Er ist Pionier in der Entwicklung bakteriologischer Techniken für die Seuchenbekämpfung.
Die Malariaplage lastet seit Jahrhunderten auf dem südlichen Istrien, geschätzt ein Drittel der Bevölkerung ist davon betroffen. Wenn nun das Experiment gelänge, Brioni malariafrei zu bekommen, bestünde Hoffnung, Länder auf der ganzen Welt zu sanieren.
Nach den Prinzipien Kochs beginnt gleich darauf die rege Zusammenarbeit. Der Herr Professor kommt zum Erfahrungsaustausch zweimal persönlich zu Paul Kupelwieser auf die Insel. Die beiden Herren lernen einander sehr schätzen. Außer ihrer Weltoffenheit und Unternehmungslust verbindet sie noch das Jahr ihrer Geburt: 1843.
Dr. Frosch leitet die Forschung und die Behandlung der erkrankten Menschen mit Chinin. Die Ausrottung der Erreger übertragenden Mücken geht man grundlegend an. Die Sümpfe auf Brioni werden mit Schotter aus den dort vorhandenen Steinbrüchen zugeschüttet, mit Petroleum begossen und angezündet, um die Larven zu ersticken. Die dramatische Szenerie wird vom Festland aus gesehen und es tönt: "Brioni brennt!"
Nach Ablauf eines Jahres erweist sich das gut organisierte Experiment als durchaus gelungen: Die weibliche Anopheles-Mücke ist als Überträger der Parasiten identifiziert, die Malaria von der Insel verbannt. Noch ein weiteres Jahr bleiben die Ärzte Kochs auf Brioni, um Kurse zur weiteren Malariabekämpfung vor Ort zu erarbeiten. Die Resultate kommen ebenfalls Koch in Berlin zugute: In den verseuchten deutschen Kolonien werden seine Forschungsergebnisse dringlich erwartet.
Die erste große Hürde für Paul Kupelwiesers Inseltraum an der k.u.k Riviera ist überwunden, Robert Koch erhält 1905 den Nobelpreis für Medizin. Die Vernichtung der gefährlichen Anopheles-Mücke bringt eine die Geschäfte steigernde Nachricht mit sich: Die Brut aller Mücken in den Gewässern ist nun ausgerottet, die Sommer-Saison des noblen Seebades Brioni ist ab jetzt gelsenfrei!
Umgestaltung zum Landschaftspark
Paul Kupelwieser beweist eine glückliche Hand bei der Auswahl seiner engsten Mitarbeiter. Als Direktor für das neu zu erschaffende Ferienparadies ist Alojz Čufar von Anfang an vor Ort tätig. Er wird als Forstexperte und "Mann von großem Anstand" an den Bauherren Kupelwieser empfohlen und übersiedelt 1894 mit Frau und Kindern auf die verwilderten Inseln. Nach dem radikalen Roden gestaltet man sanfte Waldlandschaften, geschwungene Wiesen, plant Promenadewege für jede Jahreszeit und legt stimmungsvolle Alleen mit exotischen Pflanzen an. Den Transport der ausgesuchten Gewächse und Samen übernimmt die k.u k. Kriegmarine.