Wenn auch diese Union aufgelöst und Preußen zur Kapitulation gezwungen wurde, so blieb doch die deutsche Frage bestehen. Daran konnte auch eine eigens einberufene Konferenz 1851 in Dresden nichts ändern. Zwar bestand Preußen nicht mehr auf seiner Führungsrolle, konnte aber dennoch dem Konzept des österreichischen Ministerpräsidenten Felix zu Schwarzenberg nichts abgewinnen, wonach der Deutsche Bund in ein Großösterreich ("70-Millionen-Reich") inklusive der außerreichischen Gebiete Ungarn, Lombardo-Venetien und Ostpreußen umgewandelt worden wäre. Am ehesten hätte man sich noch mit einer groß-deutschen Lösung, einem Bund mit Österreich, aber ohne dessen Besitz am Balkan, abfinden wollen, aber das lehnte Wien ab.

Was folgte, war ein Kompromiss. Der Deutsche Bund wurde wiederbelebt und Österreich als Präsidialmacht bestätigt. Und möglicherweise hätte der Staatenbund und mit ihm das Konzept der Reichsidee das Jahr 1866 überdauert, hätte nicht Österreich den Fehler begangen und zehn Jahre zuvor im Krimkrieg gegen den russischen Bündnispartner Stellung bezogen. "Österreich wird die Welt durch seine Undankbarkeit noch in Erstaunen versetzen", hatte Schwarzenberg vorausgesagt, und behielt Recht.

Mit der Hilfe des Zaren, der Franz Joseph 1849 geholfen hatte, in Ungarn die Revolution niederzuschlagen und in Deutschland die toll gewordenen Preußen zurückzupfeifen, durfte Wien nicht mehr rechnen. Ebenso wenig wie mit der des französischen Kaisers Napoleon III., der - im Abtausch für Savoyen und Nizza - bereits 1859 einen Pakt mit den Nationalisten von Piemont-Sardinien eingegangen war. Das kostete Österreich bekanntlich die Lombardei.

In Berlin wiederum wurde die zunehmende Isolierung Österreichs vor allem von einem Mann beobachtet: Otto von Bismarck. Der spätere preußische Ministerpräsident, der die hochfahrende Politik eines Schwarzenberg immer schon als beleidigend empfunden hatte, sah nun endlich die Stunde für die Lösung der deutschen Frage gekommen - und zwar im Sinne Preußens. "Nach der Wiener Politik ist Deutschland zu eng für uns beide, wir pflügen beide denselben streitigen Acker", hielt er fest und prophezeite seinem König, "dass wir in nicht zu langer Zeit für unsere Existenz gegen Österreich werden fechten müssen". Taktisch orientierte er sich an Napoleon III. und ging seinerseits ein Bündnis mit dem deutschen Nationalismus ein. Dabei muss man wissen: Was Bismarck vorschwebte, war nicht etwa das Deutsche Reich von 1871, sondern ein von Preußen kontrollierter Norddeutscher Staatenbund jenseits des Mains - also ohne Bayern, Baden, Württemberg und natürlich Österreich.

Als der preußische König, wenn auch von Bismarck überredet, beim Fürstentag in Frankfurt 1863 mit Abwesenheit glänzte, war der Bruch mit der österreichischen Vormacht amtlich. Der letzte Versuch Wiens, den Deutschen Bund zu reformieren, war gescheitert und ein Konflikt unvermeidlich.

Der Krieg

Ein Zankapfel war umgehend gefunden - das Herzogtum Schleswig. Als die dänische Provinz, die gemeinsam mit Holstein dem König in Kopenhagen unterstand, 1864 von Dänemark annektiert wurde, taten sich Berlin und Wien noch einmal zusammen und vertrieben die Dänen von den "Düppeler Schanzen". Damit saßen aber die Österreicher, die sich plötzlich als Besatzungsmacht im fernen Holstein wiederfanden, im Hinterhof der Preußen in der Falle. Als der österreichische Statthalter in Altona, Ludwig von Gablenz, die Stände des Herzogtums einberufen ließ, lieferte dies Bismarck den erhofften, wenn auch fragwürdigen casus belli - und er setzte Truppen in Richtung Holstein und Böhmen in Marsch.

Der Ausgang des Krieges, der am 28. Juni 1866 aufgenommen wurde und am 3. Juli bei Chlum-Sadová oder Königgrätz endete, ist bekannt und soll an dieser Stelle nicht erörtert werden (vgl. dazu den Kasten unten).

Eine Überraschung war der preußische Sieg dennoch. Kronprinz Friedrich Wilhelm wollte die Kapitulation aus dem Munde von General Gablenz ebenso wenig glauben ("Mein Kaiser hat keine Armee mehr, sie ist so gut wie vernichtet"), wie Kardinalstaatssekretär Antonielli oder auch Napoleon III.; Frankreichs Kaiser sah sich sogar betrogen, hatte er doch auf einen österreichischen Sieg gesetzt und gehofft, bei den Friedensverhandlungen als Schiedsrichter auftreten und sein Empire auf Kosten eines geschlagenen Preußen bis an den Rhein ausdehnen zu können. Das führte sogar noch einmal zu einer brenzligen Situation. Als im preußischen Heerlager in Böhmen plötzlich französische Gesandte auftauchten und drohten, dass Paris ohne Kompensation des erlittenen "Verlustes" aufseiten Österreichs in den Krieg eintreten würde, war Bismarck klar: Es musste rasch Frieden gemacht werden.

Nun, welche Folgen hatte dieser Frieden, der da in Nikolsburg und Prag ausverhandelt wurde? Zunächst einmal war die Gefahr, die in jenen Tagen von Napoleon ausging, nicht das einzige Motiv, das den preußischen Ministerpräsidenten zu seinem äußerst noblen Friedensangebot an Franz Joseph - keine Gebietsabtretungen - anleitete. Schließlich hatte er sein Ziel, Österreich aus Deutschland zu drängen und Preußen durch die Annexion weitläufiger Gebiete (Hannover, Schleswig-Holstein, Kurhessen, Hessen-Darmstadt und Frankfurt) zur bestimmenden Macht in Mitteleuropa zu machen, erreicht. Eine zusätzliche Demütigung des Kaisers in Wien hielt er dagegen für gefährlich. Was hätten auch ein Einmarsch in die Reichs- und Residenzstadt und ein Raub Böhmens genutzt, außer dass man Österreich in die Arme Frankreichs getrieben und den Hass der Tschechen geerbt hätte?

Österreichs Wert

Dass Böhmen unter Habsburgs Krone besser aufgehoben sei, hatte Bismarck immer wieder betont. So zum Beispiel 1879, als er festhielt, dass "Böhmen in russischer Hand" Deutschlands Verderben, "Böhmen in unserer Hand der Krieg ohne Gnade und ohne Unterlass" mit dem russischen Imperium wäre.