
Die Schweizer stehen nicht eben im Ruf, prunksüchtig zu sein. Sozialen Rang und Vermögen nach außen hin zu bekunden, entspricht nicht dem Stil der Eidgenossen. Wer hat, der zeigt es nicht - oder pflegt es zu geben, und zwar im Sinne der Gemeinnützigkeit.
Ein idealer Ort, dem Schweizer Mäzenatentum und Stiftungswesen nachzuspüren, ist Basel: Dort gibt es pro Kopf die höchste Stiftungsdichte des Landes (im Kanton Basel-Stadt über 800, in Basel-Land über 300), und eine legendäre Gruppe von Stiftern und Förderern - den DAIG. Das Wort, eine Variante von Deich im Sinne von Schutzwall, bezog sich einst auf Basels mittelalterliche Stadtmauer. Für den hochgelegenen Abschnitt wies Bischof Burkhard dem Adel Parzellen zu - mit der Auflage, an der hinteren Grundgrenze eine Mauer (mithin ein Stück Stadtwall) zu errichten. "Daig" wurde zum Synonym für diese (einfluss-)reichen Wall-Anwohner.
Die Humanistenhochburg und Messestadt Basel war 1529 gesamthaft zum Protestantismus übergetreten. Eine Oberschicht aus protestantischen Kaufleuten und Gewerbetreibenden gab nun den Ton an, darunter viele Seiden(band-)händler bzw. -fabrikanten. Auch das Färbergewerbe erblühte; es legte den Grundstein für Basels Chemieindustrie: Gleich zwei chemisch-pharmazeutische Global Players haben hier den Sitz: Hoffmann-La Roche und Novartis (1996 durch Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz entstanden).Klingende Namen
Über die Jahrhunderte etablierte sich eine Basler Elite mit klingenden Namen: Sarasin, Burckhardt, Faesch, Iselin, Merian, Staehelin, Vischer, Geigy, Sandoz, Hoffmann-La Roche, um nur einige der berühmtesten Familien zu nennen. Eine geschlossene Gesellschaft, bis heute DAIG genannt, die eine endogame Heiratspolitik betrieb, sich in Wohltätigkeit und Mäzenatentum übte - und eben in Understatement: "Me git, aber me sait nyt" (Man gibt, aber man spricht nicht darüber).
Das Ausmaß des lokalen Mäzenatentums kann der Besucher des Basler Kunstmuseums erahnen: "Ankauf mit Mitteln des Birmann-Fonds", "Legat Hans Von der Mühll", "Schenkung Raoul La Roche", "Vermächtnis Max Geldner" oder "Schenkung der Prof. Johann Jakob Bachofen-Burckhardt-Stiftung" steht neben Exponaten zu lesen. Oder: "Mit Beiträgen von Dr. h.c. Richard Doetsch-Benziger, Karl Im Obersteg, René Guggenheim und einem ungenannt sein wollenden Spender".

Ein hehrer Anonymitätswunsch. Ob das Schweizer Stifterwesen überhaupt in Zahlen und Namen erfassbar ist, fragen wir den Experten Georg von Schnurbein, Direktor des "Center for Philanthopic Studies" (CEPS) an der Universität Basel, der uns erklärt: "Dieses Schweizer Bonmot, "Me git, aber me sait nyt", ist sehr weit verbreitet. Wir haben dieses Jahr Vertreter aus der Wirtschaft, Politik, NPOs und Medien gefragt: Was ist denn das typisch Schweizerische an der Philanthropie? Die Antwort war jegliche Variation von Diskretion, Zurückhaltung und Bescheidenheit. Der Anonymitätswunsch von Gebern entsprang teils auch einem pietistischen Ansatz." Doch die heutige Gesellschaft verlange Transparenz und Offenheit. Daher hätten "mehrere Stiftungen, vor allem der Verband Swiss Foundations vier Universitäten eingeladen, sich um die Anschubfinanzierung für ein solches Zentrum zu bewerben." Der universitäre Rahmen sollte Unabhängigkeit, eine gewisse Rigorosität und Kontinuität in der Forschung gewährleisten.