Warum ist das so? Israels turbulente Geschichte - 70 Jahre Belagerungszustand - hat in vielfacher Hinsicht eine Mentalität der Innovationen erzeugt, die auf schierer Notwendigkeit basiert. Die effektive Nutzung begrenzter Ressourcen, intelligente Improvisation und eine Ethik des Durchhaltens im Angesicht von Widrigkeiten sowie der kontinuierliche Zustrom von talentierten Einwanderern aus aller Welt, für die Israel nicht nur einfach ein Staat wie jeder andere ist, sondern eine umfassende Geisteshaltung - dies sind die Wesenszüge, die dazu beigetragen haben, dass die Negev-Wüste begrünt und eine moderne westliche Wirtschaft, Armee und Infrastruktur aufgebaut worden sind.
Führende Technologie-Unternehmen wie Intel, Motorola, HP oder auch Yahoo, Apple und Microsoft haben aus diesem Grund ihre einzigen außerhalb der USA liegenden Forschungsabteilungen in Israel. Man sieht das, wenn man auf der Autobahn bei Tel Aviv nach Norden fährt, wo Google sein Center hat. Da verwundert es nicht, dass auch das erste Mobiltelefon von israelischen Forschern bei Motorola-Israel entwickelt wurde, genauso wie der USB-Stick, der im Jahr 2006 von SanDisk für 1,6 Milliarden Dollar gekauft wurde. In jedem Handy steckt israelische Technologie.
Mit mehr als 300 Unternehmen weist Israel eine Dichte von Hightech-Unternehmen auf, die nur noch von der des Silicon Valley übertroffen wird. Israel kann mit der - nach den USA und China - größten Zahl von registrierten NASDAQ-Unternehmen reüssieren. Gegenwärtig sind es 100 (Deutschland hat acht).
Die Rolle der Armee
Dabei spielte und spielt die Armee eine entscheidende Rolle. Israels junge Führungskräfte profitieren von der dreijährigen Wehrpflicht für Männer (und zwei Jahre für Frauen), verbunden mit jährlich wiederkehrenden Wehrübungen, bei denen private Netzwerke vertieft werden. Militärische Eliteeinheiten arbeiten heute teilweise auf höherem Niveau als die Universitäten Harvard, Princeton oder Yale. Wer in der Computereinheit "Mamram" oder dem Technologie-Center "Talpiot" gedient hat, kennt sich in neuerster Technologie aus. Noch berühmter ist die Einheit 8200 des Militärgeheimdienstes, das israelische Gegenstück zur amerikanischen NSA.
Über die Jahre hat sich Israel bei der Landesverteidigung auf seine eigenen Ressourcen verlassen müssen. Über allem steht die Sicherheit des Landes, man verlässt sich ausschließlich auf sich selbst. Es hat eine unverhältnismäßig große Zahl von militärischen Projekten entwickelt und hergestellt, darunter Satelliten, Kampfflugzeuge, Panzer, Drohnen, Maschinenpistolen, Uzi- und Sturmgewehre. Diese Entwicklung ist zum großen Teil allerdings auch im zivilen Bereich weiter genutzt worden. Israelische Sicherheitsunternehmen sind in allen Regionen der Welt aktiv und bieten Lösungen und Technologien an. Die Infrastruktur des Buckingham-Palastes, des Vatikan und des Eiffelturms werden mit israelischer Technologie gesichert, genauso wie die Flughäfen JFK in New York, Heathrow in London, Hannover, Tel Aviv und Singapur u.a.
Der Anteil von Universitätsabsolventen in Israel ist gemessen an der Gesamtbevölkerung der höchste weltweit. Auf 10.000 Beschäftigte kommen in Israel 145 Wissenschafter, verglichen mit den USA 85, Japan 70 und Deutschland 60. Allein diese Zahl führt das wissenschaftliche Potential Israels vor Augen. Der Anteil der Akademiker an der Bevölkerung beträgt 56 Prozent, gegenüber 30 Prozent im OECD-Durchschnitt. Damit nimmt Israel Platz 2 ein. Dafür wird auch etwas getan: 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gehen regelmäßig in zivile Forschung und Entwicklung - der höchste Anteil im Vergleich mit allen Staaten der OECD.