Am 19. April 1948 entfiel der Five o’Clock Tea des British High Commissioners für Palästina, General Sir Alan Cunningham. Er hatte bereits in aller Früh in voller Gala-Uniform das Regierungsgebäude in Jerusalem verlassen, sich von den letzten fünfzig britischen Soldaten verabschiedet und war dann in der Nacht mit dem Kreuzer "Euryalus" von Haifa aus nach Hause abgereist.

Um vier Uhr Nachmittag verlas David Ben-Gurion in einem kleinen Kunstmuseum in Tel Aviv vor rund 200 Personen eine 20-minütige Proklamation zur Gründung des jüdischen Staates. "Wir verkünden hiermit Kraft unseres natürlichen und historischen Rechtes und aufgrund des Beschlusses der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Errichtung eines jüdischen Staates im Lande Israel - des Staates Israel". Dann wurde von den Anwesenden die Hatikvah, die Hymne des Zionismus, gesungen und Ben-Gurion beendete die Sitzung. In sein Tagebuch sollte er später eintragen: "Ich bin von dunklen Vorahnungen erfüllt".

An der Wiege des modernen Staates Israel standen als Paten unsichtbar, doch mit enormer Präsenz die Auslöschung von Millionen Juden und der wütende Antisemitismus in Europa einerseits und die Hoffnung von davongekommenen Juden auf eine friedliche Heimstatt andererseits. Mittendrin in dieser Geschichte des neuen Staates standen aber auch und an der Spitze Österreicher - im Bösen wie im Guten. Denn dass es ohne Theodor Herzl, Karl Lueger und Adolf Hitler die Entscheidung der internationalen Staatengemeinschaft mit der UNO-Resolution 181 gegeben hätte, lässt sich bezweifeln.

Das "Gelobte Land"

Die Sehnsucht nach einer Rückkehr ins "Gelobte Land" bestand bei religiösen Juden seit der Vertreibung im Jahr 586 v. Chr. und sie war Inhalt der Gebete wohl aller Juden bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Dann aber setzte die Säkularisierung im Gefolge der Französischen Revolution und der Periode der Aufklärung, wie bei allen europäischen Religionsgemeinschaften, auch bei den Juden ein. So gab es denn im Wien des späten 19. Jahrhunderts Juden, die weiterhin ihre Religion ausübten, und solche, die ihre Traditionen abgelegt hatten. Für die Agnostiker stand ihre bürgerliche Existenz im Vordergrund, ihr Judentum war nichts mehr als Erinnerung ans Elternhaus und an alte Traditionen. Hätte man sie nach ihrer Identität gefragt, wäre die jüdische gar nicht oder erst am Ende der Liste vorgekommen.

So war es auch beim jungen Theodor Herzl, der sich in Wien einer deutschen Burschenschaft angeschlossen hatte und der Assimilation der Juden das Wort redete. Diese seine erste Vision war ein Aufgehen der jüdischen Kultur in ein größeres Ganzes, um gleichberechtigt mit allen anderen zu werden. Schon bald wurde er eines Schlechteren belehrt. Einer der Kommilitonen aus seiner Burschenschaft hielt eine Trauerrede für den 1883 verstorbenen Richard Wagner und lobte dessen Judenhass. Herzl trat drei Tage später aus der Burschenschaft aus.