Heute geht es eher um freiwilligen Verzicht.

Menschen, die sagen, sie essen nur Fleisch von glücklichen Tieren, finde ich etwas scheinheilig. Unser gigantisches Bevölkerungswachstum war nur möglich, weil wir die Kühe von den Weiden, wo sie zwar glücklich, aber ineffizient gegrast haben, in die Ställe geholt haben. Wenn wir die Massentierhaltung abschaffen - und das ist ja begrüßenswert -, müssen wir uns fragen: Was machen wir stattdessen, um alle zu ernähren? - Es geht seit dreißig Jahren um die Rettung des Planeten - und zwar mit der Bevölkerung, die im Moment darauf lebt. Warum reden wir nicht mehr darüber, was wir tun können, um die Bevölkerungsentwicklung in den Griff zu bekommen? Im Laufe der Geschichte hat es übrigens immer wieder Veganismus-Wellen gegeben.

Woher wissen Sie das?

Wir wissen das durch Skelettfunde, die uns heute erzählen, was die Menschen als Kinder gegessen haben, wie viel Calcium sie konsumiert haben und ob sie im Lauf ihres Lebens Hungersnöten ausgesetzt waren. Das Römische Reich mit all seiner Kultur und seinen prachtvollen Thermen stellen wir uns heute als sehr entwickelt vor. Aber an den Skeletten sehen wir, dass die Menschen relativ schlechte Werte hatten. Der Großteil von ihnen hat sich hauptsächlich vegan ernährt und war ziemlich klein. Es gab selten Fleisch, das Hauptnahrungsmittel war Getreide. Die römischen Legionäre waren um einiges kleiner als die Barbaren jenseits der Donau. Die Nazis haben daraus falsche Schlüsse gezogen: Die Germanen waren nicht von Natur aus größer und kräftiger, sondern haben einfach in ihrer Kindheit mehr Milch und Fleisch konsumiert. Und zwar, weil die Bevölkerungsdichte geringer war und man nicht alle Flächen für Ackerbau verwenden musste. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches sind die Menschen dann plötzlich gewachsen.

Sie haben neben der Geschichte des Fleischverzehrs auch jene des Kriegs erforscht - und schreiben: "Krieg ist der Normalzustand." Was meinen Sie damit?

Eigentlich hat mich die Frage interessiert, warum sich Gesellschaften verändern. Das hat mich zu der Frage geführt, warum es Krieg gibt - oder vielmehr, warum es die Notwendigkeit gibt, Kriege zu führen. Denn auch, wenn ich selbst keine Kriege führen will, muss ich mich darauf vorbereiten. Alle historischen Gesellschaften haben Kriege geführt. Das Studienzentrum für Frieden in Stadtschlaining hat in einem sehr löblichen Unterfangen weltweit nach friedfertigen Gesellschaften gesucht - sie haben nur etwa ein Dutzend gefunden. Und die meisten stehen unter dem Schutzschirm einer kriegerischen Gesellschaft.