Ilse Dippmann. - © Robert Wimmer
Ilse Dippmann. - © Robert Wimmer

"Wiener Zeitung": Frau Dippmann, Sie sind Initiatorin und Geschäftsführerin des Österreichischen Frauenlaufs, der am Sonntag zum 25. Mal stattfindet. Im Laufe der Zeit hat sich diese Veranstaltung zum größten Frauenlauf-Event Europas entwickelt. Wie viele Läuferinnen werden an den Start gehen?

Ilse Dippmann: Über 30.000. Zudem sind 2000 Frauen auf der Warteliste, denen wir leider absagen mussten, weil wir einfach keine Startplätze mehr zur Verfügung hatten.

Wenn man sich die Statistik ansieht, fragt man sich, wie diese bemerkenswerte Entwicklung möglich war: Beim 1. Österreichischen Frauenlauf im Jahr 1988 waren 440 Teilnehmerinnen am Start. 2005 erstmals über 10.000 Läuferinnen, 2010 bereits mehr als 20.000 und heuer ist die Grenze von 30.000 Teilnehmerinnen überschritten.

Das war durch sehr intensives, hartes Arbeiten mit einem ganz tollen Team möglich. Ich denke, das ist der Lohn dafür, dass wir nie aufgehört haben, an die Vision eines Frauenlaufs zu glauben. Man kann nur etwas entzünden, das in einem selber brennt.

Wie sind Sie ursprünglich auf die Idee gekommen, in Österreich einen Frauenlauf ins Leben zu rufen?

Die Idee wurde 1986 geboren. Mein damaliger Freund ist in diesem Jahr beim Vienna City Marathon mitgelaufen. Das hat mich so motiviert, dass ich spontan beschloss, mit dem Laufen zu beginnen. Ich war damals 29 Jahre alt, habe geraucht und hatte mit Sport absolut nichts am Hut. Auch als Jugendliche nicht. In der Schulzeit war mir nichts mehr verhasst als die Turnstunden.

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Lauftraining?

Das werde ich nie vergessen! Gemeinsam mit einer Freundin, die ebenfalls den Entschluss fasste mit dem Laufen zu beginnen, starteten wir unser Training in der Prater Hauptallee. Es war furchtbar! Bereits nach den ersten 100 Metern bekam ich keine Luft und hatte Seitenstechen.

Aber Sie ließen nicht locker.

Nein. Schließlich hatten wir uns das Ziel gesteckt, im nächsten Jahr beim Vienna City Marathon an den Start zu gehen. Diese Idee wurde aber wieder verworfen, weil mir letztlich Zweifel kamen, ob sich die Motivation fürs Training tatsächlich ein ganzes Jahr aufrechterhalten lässt. Außerdem führte die damalige Marathonroute bei Kilometer 32 direkt an meiner Wohnung vorbei. Die Verlockung, Halt zu machen, erschien mir zu gefährlich. Also nahmen wir uns vor, bereits im November desselben Jahres in New York an den Start zu gehen.

Ging dieser Plan auf?

Ja. Meine Freundin Elisabeth Brunnhuber und ich waren die einzigen Österreicherinnen im Starterfeld. Als wir unsere Startnummern abholten, bekamen wir einen Flyer in die Hand gedrückt. das war eine Ankündigung für einen Frauenlauf in New York. Das hat mich so fasziniert, dass ich mir gedacht habe: Das machen wir in Österreich auch!

Zuerst musste allerdings noch Ihr erster Marathon gemeistert werden.

Das war Gänsehautfeeling pur! Die Stimmung entlang der Strecke, der Zieleinlauf, es war so beeindruckend, einfach unbeschreiblich.

Wie schnell sind Sie damals gelaufen?

3:41 Stunden. Aber am meisten hat mich fasziniert, wie viele Läuferinnen am Start waren. Schon am Morgen, beim Aufwärmen im Central Park, war ich fassungslos, wie viele Frauen um diese Uhrzeit bereits joggen! Und zwar Frauen aller Altersklassen. Zum damaligen Zeitpunkt war das in Österreich überhaupt noch kein Thema. Wenn Frauen gejoggt sind, waren das Ende der 1980er Jahre in erster Linie echte Sportlerinnen, die in einem Verein trainiert haben.

Der Laufboom der Frauen war in den USA zu dieser Zeit also schon voll im Gange.

Diese Begeisterung war letztendlich ausschlaggebend dafür, dass ich auch im nächsten Jahr in New York an den Start ging. Ursprünglich hatte ich ja nur das Ziel, einmal in meinem Leben einen Marathon zu laufen und dann wieder in mein nicht sportliches Leben zurückzukehren.

Der Laufvirus hat Sie also gepackt.

Das ging so weit, dass ich bis zu fünf Marathons im Jahr lief. Und zwar nicht, weil ich so ehrgeizig war, sondern es war das Gesamtpaket: Die Faszination Marathon, aber auch die damit verbundenen Reisen, die faszinierenden Städte.

Ihre persönliche Marathonbestzeit - 3:16 Stunden - liefen Sie 1994 in Wien. Was uns wieder zur Frage zurückführt, wie es Ihnen gelang, dass im Jahr 1988 der Startschuss für den 1. Österreichischen Frauenlauf fiel?

Die Initialzündung war, wie gesagt, der Flyer des New Yorker Frauenlaufs. In der Folge brachte ich in Erfahrung, dass es in Bern ebenfalls schon einen Frauenlauf gab, den "1. Schweizer Frauenlauf". Also war klar, dass unser Frauenlauf "1. Österreichischer Frauenlauf" heißen wird. Am 12. Juni 1988 haben wir die Idee dann in Laxenburg realisiert.

Wer hat Ihnen damals bei der Organisation geholfen?

In erster Linie meine beiden Laufpartnerinnen Elisabeth Brunnhuber und Uschi Huber. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie das Befüllen der 440 Startsackerln im Wohnzimmer stattgefunden hat. Heute kommen Sattelschlepper angefahren. Hunderte Helfer arbeiten drei Tage daran, dass diese Aufgabe erledigt wird.

1996 kam dann Andreas Schnabl mit ins Team.