Ja, schon irgendwie, denn als bekennender Zahlenfreak habe ich eine ungefähre Vorstellung davon, wie sich die Verkaufszahlen meiner Bücher weiterentwickeln müssten. Meine nächsten zwei, drei Bücher sollten im Hardcover jeweils 50.000 bis 100.000 Exemplare verkaufen, also auch das "Theo"-Buch.
Das ist aber doch wohl die untere Grenze. . .
Wenn man es an meinen beiden E-Mail-Romanen misst, schon, ja.
Diese Romane wurden mittlerweile in 35 Sprachen übersetzt. Finden sie im Ausland ebenso viel Zustimmung und Verbreitung wie bei uns?
In Frankreich ist gerade die dritte Auflage erschienen, das heißt, 55.000 Stück sind verkauft, das ist natürlich super, und auch in Spanien stehe ich auf den Bestsellerlisten. Dort gibt es sogar eine spanische und eine katalanische Ausgabe. Auch in Südkorea, wo übrigens die allererste Übersetzung herauskam, laufen die beiden Bücher fantastisch, und in Lettland und Litauen werden sie gerade zu Bestsellern. Die Bücher funktionieren also offenbar auch bei anderen Mentalitäten und Nationalitäten.
In Indonesien wurde "Gut gegen Nordwind" ebenfalls aufgelegt, aber davon habe ich bisher noch kein einziges Exemplar gesehen, das ist wohl irgendwie verloren gegangen oder verschollen. Interessant ist auch, wie die Bücher im Ausland aussehen: Die Bulgaren etwa haben ein Bild des Schauspielerpärchens, das "Gut gegen Nordwind" in Berlin spielte, aufs Cover gegeben.
Aus Existenzgründen müssten Sie also gar keine Bücher mehr schreiben. . .
Stimmt, aber aus Existenzgründen schreibt ohnehin niemand ein Buch. Also werde ich munter weiterschreiben. Das Einzige, was mir in meinem Dasein als Schriftsteller manchmal abgeht, sind die Kollegen, die man als Journalist ständig um sich hat. Man arbeitet zwar allein, gehört aber doch zu einem Team. Als Schriftsteller arbeitet man nur für sich. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, noch einmal in den Journalistenberuf zurückzukehren. Hingegen könnte ich mir durchaus vorstellen, etwa als Mediator zu arbeiten. Eine solche Ausbildung möchte ich gerne machen. Das hängt natürlich auch wieder mit meinem grundlegenden Bedürfnis zusammen, mich in andere Menschen hineinzudenken.
Wenn Sie sich jetzt bitte noch einmal in einen Journalisten hineindenken: Welche Frage - die Ihnen vielleicht noch niemand gestellt hat - würden Sie sich selber stellen?
Da fällt mir nur eine absolut traumatische Frage ein, die niemand zu stellen wagt, weil es auch sehr unhöflich wäre, sie zu stellen. Sie hat sich mir am Ende von Interviews, die ich selbst geführt habe, jedoch manchmal aufgedrängt. Die Frage lautet: Glauben Sie allen Ernstes, dass das irgendjemanden interessieren könnte, was Sie uns soeben erzählt haben?
Zur Person
Daniel Glattauer, geboren 1960, wuchs in Wien-Favoriten auf und studierte Pädagogik und Kunstgeschichte. Nach Abschluss des Studiums (mit der Diplomarbeit "Das Böse in der Erziehung") arbeitete er drei Jahre für "Die Presse" und wechselte dann, nach einem kurzen Gastspiel bei dem Wirtschaftsmagazin "Cash Flow", zum "Standard", wo er vor allem Gerichtsreportagen, Feuilletons und die Kolumne "dag" auf der Titelseite (im sogenannten "Einserkastl") schrieb. Diese Glossen sind in den Büchern "Die Ameisenzählung" (2001), "Die Vögel brüllen" (2004) und "Schauma mal" (2009) versammelt.
Seit 2009 ist Glattauer freier Schriftsteller.
Nach seinen Romanen "Der Weihnachtshund" (Neuausgabe 2004) und "Darum" (2003) sind ihm mit den beiden "E-Mail-Romanen" "Gut gegen Nordwind" (2006) und "Alle sieben Wellen" (2009) zwei Bestseller gelungen, die mittlerweile in 35 Sprachen übersetzt wurden und auch als Hörbücher und Theaterstücke international erfolgreich sind. Soeben ist sein Buch "Theo. Antworten aus dem Kinderzimmer" neu und erweitert aufgelegt worden - wie alle seine Bücher bei Deuticke. Glattauer beschreibt darin das Leben seines Neffen von der Geburt bis zur beginnenden Pubertät.
Daniel Glattauer lebt in Wien und im Waldviertel, ist verheiratet und hat den inzwischen erwachsenen Sohn seiner Frau mit aufgezogen. Am 14. September liest Glattauer im Schauspielhaus (1090 Wien, Porzellangasse 19, 20 Uhr) aus dem "Theo"-Buch. Und beim Wiener Literaturfestival "Rund um die Burg" tritt er am 18. September um 15.30 Uhr im Zelt auf.
Irene Prugger lebt als Schriftstellerin und freie Journalistin in Mils/ Tirol.
Gerald Schmickl ist leitender Redakteur des "extra" und Schriftsteller.