Wie wichtig ist der fotografische Blick beim Schreiben?

"Neulich habe ich mir wunderschöne Schuhe gekauft. Als ich sie trug, dachte ich stolz: Die habe ich mir erschrieben!" - © Foto: Irene Prugger
"Neulich habe ich mir wunderschöne Schuhe gekauft. Als ich sie trug, dachte ich stolz: Die habe ich mir erschrieben!" - © Foto: Irene Prugger

Sehr wichtig. Ich erzähle in Bildern. In meinem Kopf läuft ein Film ab, diesen möchte ich so unmittelbar wie möglich an die Leser weitergeben. Das bringt Dynamik, das bringt Spannung.

Die Bestatterin Brünhilde Blum hat Sie mit ebenso atemloser Dynamik in die Bestsellerlisten katapultiert. Bis jetzt wurden rund 60.000 Exemplare verkauft, Übersetzungen in elf Sprachen kommen im Frühjahr auf den Markt, auch in Amerika wird das Buch verlegt. Danach erscheinen die Taschenbuchausgaben. Die Rechte für die Verfilmung sind ebenfalls schon vergeben. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?

Die wichtigste Veränderung: Ich kann jetzt vom Schreiben leben und mir auch die Zeit dafür nehmen, die ich brauche. Ich habe ja immer schon selbstständig gearbeitet, als Fotograf. Dabei hatte ich nie existenzielle Ängste, aber dass ich nun meine Familie allein durchs Schreiben ernähren kann, habe ich mir immer erträumt - und das macht mich glücklich. Das Fotografieren nimmt jetzt die Position eines schönen Hobbys ein. Neulich habe ich mir wunderschöne Schuhe gekauft. Als ich sie trug, dachte ich stolz: Die hab ich mir erschrieben!

Sie haben einmal gesagt, der Erfolg habe Sie nicht überrascht, Sie hätten immer damit gerechnet. Das klang auf sympathische Art unbescheiden, aber vor allem aufrichtig. Was hat Sie so sicher gemacht?

Ich kann kein Buch schreiben ohne die Zuversicht, dass es viele Leser findet. Wenn ich selber nicht an das glaube, was ich tue, wird auch sonst niemand daran glauben. Außerdem bin ich ein Romantiker. Ich mag es, wenn Geschichten gut ausgehen, und ich hatte auch immer eine romantische Vorstellung von einem erfolgreichen Schriftstellerleben. Jetzt merke ich, dass es sehr, sehr fordernd ist, schon alleine durch das viele Unterwegssein bei Lesetourneen. Aber auch wenn es spießig klingt: Ich habe immer sehr diszipliniert und fleißig meinen Weg verfolgt.

Sie haben neben dem Schreiben von beliebten Büchern und genauen Recherchen auch sonst einiges für den Erfolg getan, haben sich eine erfolgreiche Literaturagentur gesucht und sind vom renommierten, aber kleinen Innsbrucker Haymon-Verlag zum großen deutschen Thriller-Verlag btb gewechselt. Ein nötiger Schritt für hohe Auflagen?

Stand wochenlang auf den Bestsellerlisten und wird verfilmt.
Stand wochenlang auf den Bestsellerlisten und wird verfilmt.

Haymon ist ein großartiger Verlag, dem ich auch weiterhin verbunden bleibe. Aber um den bundesdeutschen Buchmarkt kommt man nicht herum, wenn man gut verkaufen will. Um einen guten Agenten kommt man auch nicht herum, denn dieser platziert einen dort, wo man hinpasst, bietet das Manuskript den Verlagen an. Literaturagenten treffen heute bereits eine Vorauswahl für die Verlage. Sie suchen nach außergewöhnlichen Büchern, die sie dann verkaufen können. Mein Manuskript habe ich fünf namhaften deutschen Agenturen angeboten, drei davon wollten mich unbedingt vertreten. Ich hatte mein Bewerbungsmail mit Exposé um 9 Uhr morgens losgeschickt, um 12:30 Uhr war bereits die erste positive Antwort da. Ich konnte es nicht fassen. Als sich dann auch noch die Verlage mit Angeboten überschlugen, dachte ich, ich sei in einem Traumland. Sieben Verlagshäuser wurden kontaktiert, fünf wollten das Buch, darunter btb, mein Traumverlag, bei dem ich letztlich gelandet bin, weil meine Verlegerin von Anfang an Feuer und Flamme für die "Totenfrau" war. Ich bekam damals ein Mail von ihr, darin stand nur ein Satz: "Was wünscht sich der Autor?" Ich formulierte nicht ganz ernst gemeint sieben fast wahnwitzige Wünsche - sie wurden alle erfüllt!

Selbst mein sehr erfahrener Agent, Georg Simader, hatte solch einen Run selten zuvor erlebt. btb verkaufte noch vor Erscheinen des Buches wichtige Übersetzungs- und die Filmrechte. Die Verträge für die nächsten Blum-Bücher sind bereits bei btb unterschrieben, der vierte Max Broll-Krimi wird 2016 bei Haymon erscheinen.

Sind Sie jetzt in der Bestsellermaschinerie? Müssen Sie nun einen Krimi nach dem anderen schreiben?

Ich will und ich sehe das sehr positiv. btb macht einen verdammt guten Job. Ich stehe als Spannungsautor auf den Bestsellerlisten, es ist also nur klug, vorerst in diese Richtung weiterzugehen. Ich liebe Spannung, deshalb werden meine nächsten drei Bücher auch Thriller sein. Aber ich werde auch weiterhin Theaterstücke und Hörspiele schreiben. Nebenbei nimmt eine Liebesgeschichte Form an, die ich seit langem schreiben will. Da wird dann auch niemand ermordet, da wird vermutlich nicht einmal natürlich gestorben. Darauf freue ich mich schon, weil ich im Grunde ein ganz Sanfter und Netter bin. Wobei meine Grundthemen Schicksal und Ohnmacht wieder vorkommen werden. Und ein paar Grausamkeiten werden wohl auch wieder dabei sein . . .

Grausamkeiten, die Sie so gekonnt und poetisch zu beschreiben verstehen, dass Ihnen auch die strenge Literaturkritik vielfach Beifall zollt. Oder hat sich das inzwischen geändert?

Ich freue mich über Kritik. "Totenfrau" wurde großartig besprochen. Ich bin sehr dankbar dafür und es ist eine erfreuliche Entwicklung, dass der Kriminalroman auch literarisch immer mehr wahrgenommen wird. Ich schreibe meine Geschichten in meiner Sprache, erzähle mit meinem Sound. Literarisch, ja, weil mir Sprache sehr wichtig ist. Ebenso wie eine gute Geschichte, die zu fesseln und unterhalten vermag. Gute literarische Unterhaltung, da bin ich zu Hause.