Ja, das auch. Der heute wieder etwas mehr beachtete deutsche Philosoph Gotthard Günther hat zum Beispiel in den 1950er Jahren im Rauch-Verlag eine der ersten deutschsprachigen SF-Reihen herausgegeben. Da waren unter anderem Texte von Isaac Asimov, Jack Williamson, Lewis Padgett dabei - und er hat sie mit einem unglaublich tiefgründigen philosophischen Nachwort versehen, das zeigte, wie viel in diesen Geschichten steckt, auch wenn das den meisten Lesern verborgen bleibt.

Welche Geschichten haben Sie persönlich in Ihrer Jugend so fasziniert, dass sie letztlich ein Leben lang bei SF geblieben sind?

Da gibt es so viele. Aber ganz wichtig war "Einbruch der Nacht" von Isaac Asimov, die Geschichte von einem Planeten, der von mehreren Sonnen beschienen wird, sodass es dort permanent Tag ist. Nur ganz selten kommt eine Konstellation zustande, wo andere Planeten die Sonnen verdecken und die Sterne zum Vorschein kommen. Doch die Bevölkerung des Planeten reagiert darauf nicht mit Verehrung oder Bewunderung der Sterne, sondern mit Panik, man sieht statt eines Naturwunders das Ende der Welt kommen. Solche Geschichten haben mich sehr fasziniert. Auch "Die Flucht" von Simak Clifford, wo Menschen entdecken, dass es am Jupiter Lebewesen gibt und sie sich in diese Wesen verwandeln können. Sobald sie die Gestalt der Außerirdischen angenommen haben, erleben die Menschen die Welt ganz anders, viel intensiver.

Diese beiden Geschichten haben mich auch deshalb beeindruckt, weil sie literarisch spannend sind. Das ist nicht unbedingt für jeden Leser von SF ein wichtiges Kriterium. Viele SF-Fans waren und sind Naturwissenschafter, die sich weniger für das Literarische und mehr für die technischen Ideen interessieren, die in solchen Büchern vorgetragen werden. Und da gibt es ja tatsächlich immer wieder verblüffende, fast möchte man sagen: prophetische, Einfälle.

Sie selber sind aber kein Naturwissenschafter.

Nein, ich wollte zwar nach der Matura Physik studieren, bin dann aber gewissermaßen in schlechte Gesellschaft geraten. Ich habe Leute kennen gelernt, die sich sehr für Science-Fiction interessiert haben, die damals bei uns kaum bekannt war, und sie im Original lasen. Das hat mich derart begeistert, dass ich dann statt Physik doch Publizistik, Anglistik und Geschichte studiert habe. Aber es hätte nicht besser kommen können, denn so habe ich in der Folge all das machen können, was ich gemacht habe.

Auch Stanisław Lem war als Arzt eher Naturwissenschafter denn Schöngeist. Wie kam es dazu, dass Sie sein literarischer Agent wurden? Hat er Sie von Anfang an in seinen Bann gezogen?

Nein, gar nicht. Die ersten Geschichten, die ich von ihm gelesen habe, fand ich zwar gut, aber kaum anders als die breite Masse der damaligen Science-Fiction-Produktion. Dass er eine besondere Erscheinung ist, hat sich erst später gezeigt, mit den "Sterntagebüchern" und den "Robotermärchen", da wurde deutlich, dass Lem etwas ganz Neues und Eigenständiges zur SF-Gattung beigetragen hat. Mein erster direkter Kontakt mit ihm kam zustande, als ich im "Quarber Merkur" den "Unbesiegbaren" besprochen habe und Lem ein Exemplar der Besprechung zuschickte. Daraus entstand ein voluminöser, intensiver Briefwechsel, und ich erkannte Lems singuläre Bedeutung. Später, als ich beim Insel-Verlag die Reihe "Science Fiction der Welt" betreute, wollte ich ihn unbedingt dabei haben. Mir war wichtig, dass die Reihe möglichst international angelegt ist und so haben wir nicht nur Amerikaner wie Philip K. Dick oder Cordwainer Smith, sondern eben auch die Strugatzkis, den Japaner Kobo Abe, den Österreicher Herbert W. Franke und Lem gebracht. Und daraus hat sich dann das Ganze entwickelt.

Wobei Lem eine ziemliche Primadonna gewesen sein soll.

Ja, bei einem seiner Besuche in Deutschland war er zum Beispiel ganz empört darüber, dass er nicht vom Verlagsdirektor, dem legendären Siegfried Unseld, begrüßt wurde, sondern von dessen Stellvertreter. Der wiederum war von der nervenaufreibenden Art Lems so zermürbt, dass er - so erzählte man sich das jedenfalls im Verlag - während dieses Besuchs einen nagelneuen BMW beim Einfahren in die Garage zertrümmert hat. Lem war schon ein schwieriger Mensch. Er war einerseits sehr großzügig, andererseits konnte er extrem geizig sein. Er hatte eine Art von Feudalherren-Charakter und hat einem immer das Gefühl gegeben, dass es eine unglaubliche Ehre ist, für ihn zu arbeiten, und man das eigentlich auch ohne Bezahlung machen sollte. Außerdem war er sehr schnell beleidigt. In Polen hat er permanent Briefe an Zeitungen und Zeitschriften geschrieben, denen er wegen irgendwelcher Kleinigkeiten die Zusammenarbeit aufkündigte.

Ihre Zusammenarbeit mit Lem hat Sie letztlich auch vor Gericht geführt.

Da ging es zuerst um einen Vertrag in den USA, dem Lem zuerst zugestimmt hat und den er dann auf einmal doch nicht unterschreiben wollte. Und später auch um den Briefwechsel zwischen Lem und mir, den ich einer polnischen Universitätsbibliothek, die auf Nachlässe von Autoren spezialisiert ist, stiften wollte. Lem wollte, dass ich eine Unterlassungserklärung unterschreibe und mich verpflichte, für den Fall, dass ich die Briefe doch weitergebe, eine Pönale von 500.000 Schilling zahle. Das war damals eine wirklich große Summe. Am Ende hat er in beiden Fällen den Prozess gegen mich verloren.

Mit dieser gerichtlichen Auseinandersetzung war Ihre Tätigkeit für Lem beendet.