Und selbst wenn man vertritt, auch der Fötus hätte eine Rechtspersönlichkeit: es gibt keine Verpflichtung, Eingriffe in die körperliche Integrität zugunsten einer anderen Person zu dulden. Als Mutter können Sie zum Beispiel nicht gezwungen werden, Gewebe zugunsten eines kranken Kindes zu spenden, auch dann nicht, wenn das ohne große Risiken gut möglich wäre.
Die gesellschaftliche Debatte kreist zurzeit nicht darum, was man der schwangeren Frau abverlangen kann, sondern eher um die Frage, welche Eingriffe in das Genom erlaubt sein sollten. Stichwort Designerbaby.
In Kontinentaleuropa besteht ein Konsens, dass man in die Keimbahn eines Embryos nicht eingreifen darf. Mit dem Keimbahneingriff würde nicht nur die Entwicklung des zukünftigen Menschen beeinflusst, sondern die Veränderungen würden auch an die weiteren Generationen weitervererbt. Und diese könnten nicht mehr zurückgenommen werden. Und natürlich besteht auch die Sorge, dass man die Technik nicht nur zur Heilung von Krankheiten, sondern auch für Zwecke des Enhancements (= Verbesserung der Fähigkeiten eines Menschen, Anm.) einsetzen würde. Aber ist es richtig, die Erforschung einer Technologie zu verbieten, die in Aussicht stellt, schwere Krankheiten zu heilen, und zwar auf längere Sicht und ohne dass ein Embryo verworfen werden müsste? In England denkt man darüber anders als bei uns. Es ist wichtig, dass man über solche Fragen spricht.
Wie sinnvoll sind eigentlich noch nationale Regelungen in einer globalisierten Welt? Schon heute nutzen viele Frauen die Möglichkeit, dass es in anderen Ländern bei den Themen Abtreibung, Leihmutterschaft oder künstliche Befruchtung andere Gesetze gibt.
Das ist richtig und ein wichtiges Thema. Die bioethische Diskussion darf nicht nur auf nationaler, sondern muss auch auf internationaler Ebene geführt werden. Das ist auch geschehen, nachdem in England ein Forschungsprojekt, das Eingriffe in die Keimbahn des Embryos umfasste, bewilligt wurde: Medizinerinnen, Ethiker, Genetiker, Philosophinnen haben sich im Jahr 2015 in Washington zusammengetan, um zu diskutieren, wo die rote Linie zu ziehen ist. Das ist bemerkenswert und ein Schritt in die richtige Richtung.
Welche ethischen Fragen gibt es bei der Leihmutterschaft?
Die Leihmutterschaft ist ein komplexes Verhältnis, das viele Fragen aufwirft und sehr unterschiedlich geregelt ist. In weiten Teilen Kontinentaleuropas ist Leihmutterschaft schlicht verboten, so auch in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Dann gibt es eine mittlere Position: England, Südafrika, Kanada und Teile Australiens zum Beispiel erlauben nur die altruistische Leihmutterschaft.
Also nur die Leihmutterschaft ohne Bezahlung.
Genau. Und diese findet meist innerhalb von Familien oder zwischen Freundinnen statt. Dann gibt es Länder, in denen auch die kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt ist. Zum Beispiel in einigen Staaten der USA wie Kalifornien. Dort wird die Leihmutterschaft als eine Möglichkeit der Familiengründung gesehen, wenn keine anderen zur Verfügung stehen. Und es wird als selbstverständlich betrachtet, dass die Leihmutter dafür entschädigt wird. Ein Gericht, das meist bereits vor der Geburt des Kindes angerufen wird, erlässt gestützt auf die Leihmutterschaftsvereinbarung eine Geburtsurkunde, welche die Wunscheltern als rechtliche Eltern ausweist. Das Problem ist, dass diese Elternschaft dann, wenn keine genetische Verbindung zum Kind besteht, zum Beispiel in der Schweiz nicht anerkannt wird.