Und dann gibt es noch einen anderen Teil der Welt, wo der Markt und der Profit im Vordergrund stehen und die Leihmutterschaft problematische Formen annimmt, so in Indien oder der Ukraine. Hier besteht wegen des wirtschaftlichen und sozialen Gefälles zwischen Wunscheltern und Leihmütter ein großes Ausbeutungspotential. Und die Kliniken haben eine beherrschende Stellung in einem weitgehend regelungsfreien Raum.

Welche ethischen Argumente dominieren die Debatte in Europa?

Es sind verschiedene Argumente, die für ein Verbot der Leihmutterschaft vorgebracht werden. Zunächst wird an den Kantischen Grundsatz erinnert, dass man keine fremde Person für eigene Zwecke instrumentalisieren darf, zumal dies eine Verletzung der Menschenwürde wäre. Das zweite Argument dreht sich um die Vorstellung, sich ein Kind zu "bestellen" und das Kind als "Ware" zu sehen. Zentral ist aber auch das Argument, es könne und dürfe keine gespaltene Mutterschaft geben. Mutter könne nur sein, wer die ganzen Strapazen der neun Monate am eigenen Leib erfahren hat. In diesem Sinne sei getreu dem römischen Rechtsgrundsatz "mater semper certa est" die Mutter immer gewiss. Die gebärende Frau sei die natürliche Mutter. Es wird auch argumentiert, die gespaltene Mutterschaft führe zu Problemen der Identitätsentwicklung bei Kindern, wofür es allerdings keine Belege gibt.

Wie stehen Sie selbst dazu?

Leihmutterschaft ist ethisch, regelungstechnisch, beziehungsbezogen, emotional, wirtschaftlich und kulturell komplex. Es gibt darauf keine einfache Antwort. Es braucht jedenfalls Bestimmungen zum Schutz der körperlichen Integrität und der Selbstbestimmung der Leihmütter und der Identität und Würde der Kinder. Ob man darüber hinaus eine bestimmte moralische Position allen aufzwingen darf, auch denen, welche sie nicht teilen, ist fraglich. Immerhin geht es um höchstpersönliche Angelegenheiten - und die Vielfalt von Haltungen hierzu ist anzuerkennen.

Welche Rechte hat ein aus der Leihmutterschaft entstandenes Kind?

Ein Kind darf wegen der Umstände seiner Entstehung nicht diskriminiert werden. Es hat zunächst ein Recht auf Eltern, auf eine Staatsbürgerschaft, usw. Im Kontext der Leihmutterschaft ist es darüber hinaus wichtig, dass das Kind Zugang hat zu Informationen über die Leihmutter und über eine allfällige Eispenderin oder einen allfälligen Samenspender. Im Idealfall besteht aber auch eine wie auch immer geartete Beziehung zwischen Kind und Leihmutter. Es ist bekannt, dass ein offener Umgang mit der eigenen Geschichte und die Möglichkeit der Kenntnis der eigenen Abstammung für die Identitätsentwicklung von großer Bedeutung sind. Es darf und kann bei der Leihmutterschaft nie um eine simple Transaktion gehen; vielmehr handelt es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe und ein anspruchsvolles Beziehungsgeflecht, das Schutz verdient. Leider ist dies noch nicht immer und überall gewährleistet. Gerade bei der Leihmutterschaft in Indien oder der Ukraine werden Kontakte zwischen allen Beteiligten eher verhindert als unterstützt.