Nach der Feier lädt sie in die Dorfkantine ein, ein weiteres Projekt Marke Badan. Jeden Tag wird dort für alte Männer und Frauen gekocht, für Waisen und Kinder aus armen Familien. Vierzig Personen bietet der gekachelte Raum Platz, in dem sich der Geruch von Putzmitteln mit dem von Hühnersuppe und Krautstrudel vermischt.

Reden als Erfolgsrezept

Heute sitzt Badan beim Mittagessen dem Weisenrat des Dorfes gegenüber: dem Pfarrer, dem Zahnarzt und dreizehn weiteren Männern, die ihr Löcher in den Bauch fragen, manche davon mit lauter Stimme. "Wann wird die Straße endlich fertig?", "Warum haben manche Häuser noch immer keinen Gasanschluss?", "Wovon sollen wir nur leben?"

Badan verbirgt ihre Anspannung hinter treuherzig-warmen Augen, bevor sie zu ihrer Geheimwaffe greift. Sie holt tief Luft und - redet. In einem Schwall, geziert von einem Lächeln. Im Kern wiederholt sie die immergleiche Antwort, formuliert sie um wie eine altgewitzte Politikerin, lässt keine Zwischenfragen zu - so lange, bis die Männer still sind. Das ist ihr Erfolgsrezept. Schweigen die Anwesenden, weil sie Badans kluge Argumente überzeugen, weil sie von der Frau genervt sind oder weil ihnen der Kopf dröhnt?

Jedenfalls funktioniert die Methode - seit fünfzehn Jahren. Denn Badan spricht nicht nur, sie handelt auch, sucht nicht nach Ausreden, sondern nach Lösungen. Und: Niemand lässt sich auf Diskussionen mit dieser Frau ein, zumindest nicht, wenn er an dem Tag noch etwas vorhat. Gekürzt sagen ihre Antworten:

Mit dem nächsten Geld machen wir die Straße fertig.

Das eine Ende des Dorfes hat kein Wasser, dafür Gas, am anderen Ende ist es umgekehrt. Wir können nur schrittweise vorankommen, mehr Geld haben wir nicht.

Zuerst Bildung und Infrastruktur, danach kümmern wir uns um das Einkommen. Bis dahin erntet, was ihr könnt, und verkauft es in der Markthalle.

Die Bürgermeisterin verdient 180 Euro monatlich. Es sind die Dorfbewohner und die starke Verbundenheit zur Heimat, die sie motivieren. "Mit meinem Gehalt kann ich kein richtig modernes Leben führen. Aber ich bin freiwillig angetreten und wurde gewählt. Ich schulde es den Männern und Frauen von Selemet, zu bleiben und meine Arbeit zu tun."

Jedoch kann sie den Wegzug ins Ausland nicht verhindern. Zu groß ist die Verlockung, zu gering sind die Chancen in Moldau. Mit einer akribisch geführten Datenbank lädt sie die Abwanderer ein, ihre in der Diaspora lebenden Kinder in Sommerlager nach Selemet zu schicken. Dabei soll den Kindern vor allem eingetrichtert werden, wo ihre Wurzeln liegen.

Vierfache Wiederwahl

Badans Tochter studiert in Amerika, ihr Sohn arbeitet in Chisinau. Zusammen mit ihrem Ehemann lebt sie in einem Haus, das sich das Paar mit einer zweiten Familie teilt. Der Hühnerstall im Garten steht leer. Dafür parkt dort ein Traktor, den Badans Mann regelmäßig für seine Arbeit auf dem Feld nutzt.