Haben Sie eine Erklärung dafür, wie Ihnen das geglückt ist?

Ich glaube, es ist wesentlich, dass man bereits vor dem Rennen bewusst umdenkt. Natürlich ist es ein Wettkampf; es geht um Zeit und jeder, der sich diese Strapaze antut, will gewinnen. Trotzdem sollte klar sein, der Andere, der Freund oder Teamkollege, ist für mich wichtiger als der Sieg. Als ich eine akute Krise am Berg hatte, gelang es Christoph immer noch, mich aufzubauen und zu trösten - das ist erstaunlich. Sich auch unter größtem psychischen und physischen Druck gegenseitig zu stützen, gelingt vielleicht nur, wenn man sich so gerne hat, wie wir es tun.

Hat Sie diese Erfahrung auch als Sportlerin verändert?

Ich gebe zu, ich bin schon sehr wettkampfbezogen. Trotzdem bin ich mittlerweile mehr erlebnis- als ergebnisbezogen, als ich es früher war. Ich spüre, dass es im Leben mehr darum geht, schöne Zeiten, auch schöne Abfahrten mit Anderen zu haben, als immer nur den ersten Platz zu erreichen. Worum es mir wirklich geht: den Flow bei einer Abfahrt zu spüren. Ich meine damit das Gefühl, dass jede Bewegung genau passt und sich fast mühelos anfühlt. Dafür ist mehr Fahrtechnik als Kondition gefragt. Man erlebt aber selten eine ganze Abfahrt im Flow, meistens sind es ein bis zwei perfekte Kurven, die einen in dieses unglaubliche Gefühl versetzen. Außerdem ist es doch so, dass man bessere Leistungen erbringt, wenn man entspannt an die Sache herangeht.

Wie kann Sie Ihr Partner vor bzw. während eines Wettkampfs stützen?

Das ist in der Tat nicht so leicht. Bei hochkarätigen oder mir ex-trem wichtigen Rennen vertrage ich etwa überhaupt keine Umarmung vor dem Rennen. Die zwei bis drei Stunden davor erlebe ich als Zeit extremer Anspannung und Nervosität. Kommt mir da jemand zu nahe, spüre ich, wie ich emotional auslasse, möglicherweise sogar zu weinen beginne. Der Druck, die Anspannung sind ein-fach zu groß, um das auszuhalten. Man weiß ja, was man riskiert, und kommt einem der Andere zu nahe oder hat möglicherweise sogar Angst oder Sorgen um einen, wird es ganz schwierig, sich da-rauf einzulassen. Ein kurzer Kuss meines Partners, das ist alles, was für mich vor einem Rennen geht. Nach Erreichen des Ziels ist es dann aber selbstverständlich besonders schön, in die Arme genommen zu werden.

Gibt es eine spezielle Art und Weise, wie Sie sich mental auf ein Rennen vorbereiten?

Da habe ich eigentlich kein Geheimnis. Ich mache es wie die Skifahrer, indem ich im Kopf die Strecke nochmals durchgehe - auch mit möglichen unterschiedlichen Varianten, sollten sich die Witterungsbedingungen ändern. Die letzte Viertel- bis Halbestunde verwende ich für das Warm-up. Danach tut es mir gut, mit Kolleginnen über etwas ganz Anderes zu sprechen, in keinem Fall mehr über die Strecke. Ein wenig Blödeln hilft immer gegen die Nervösität!