Christian: Mir war als Kind lange Zeit nicht bewusst, dass unser Vater einen Beruf hat. Denn zu Hause war er Musiker. Er hat Schriftsetzer gelernt und immer im Druckereiwesen gearbeitet. Aber davon hat er daheim nie erzählt.

Trotz Ihrer unterschiedlichen Karrieren dürfte ein weiteres verbindendes Element sein, dass in Ihren Kompositionen immer die Klassik durchschimmert.

Wolfgang: Ja, wie könnte es auch anders sein!? Die Klassik ist unser musikalischer Nährboden. Wenn heute ein gut intonierender Chor ein Renaissancestück von Orlando Gibbons singt, dann müssen wir die Tränen unterdrücken. Das war die Musik von Zuhause - in einer Zeit, lange bevor wir über Musik reflektiert haben.

Christian: Sehr prägend war auch das viele gemeinsame vierstimmige Singen in der Familie. Das war die beste Übung für Improvisation. Man bekam unbewusst eine Schulung in Polyphonie, in Stimmführung.

Der Radiosender Ö1 war bei Ihnen daheim auch ein Fixpunkt. Seit Herbst 2017 sind sämtliche Signations und Kennungen von Ö1 von Ihnen neu produziert und komponiert worden.

Christian: Was die Signations betrifft, schließen sich sehr viele Kreise. Als wir unsere erste Duo-LP, "Schneetanz", herausgebracht haben, waren wir noch völlig unbekannt. Aber wir bekamen eine Postkarte von Werner Pirchner, worauf er schrieb: "Leiwand, weiter so!" Das war ein großer Moment, weil Pirchner für uns ein sehr wichtiger Musiker war. Und nun hatte ich die Aufgabe, die Ö1-Signations neu zu gestalten, die zuvor ja von Werner Pirchner produziert worden waren.

Wolfgang: Für mich ist das ein unglaublich gelungenes Projekt, das Christian für Ö1 gemacht hat. Und der weitere Kreis, der sich damit schließt, ist unser Zugang zu Ö1.

Wie sind Sie damit umgegangen, dass jeder von Ihnen auch seinen eigenen musikalischen Weg gegangen ist? Sie haben beispielsweise 15 Jahre in den USA gelebt und gearbeitet.

Wolfgang: Wir haben sehr lange zusammen gespielt und irgendwann kam dann für mich der Moment, wo ich mir gedacht habe, jetzt will ich einmal nicht meine Ästhetik mit der von Christian abgleichen, sondern hatte Lust, einmal ganz alleine zu arbeiten. Ich hatte auch einen Nachholbedarf in Sachen Jazz - und da waren die USA natürlich der ideale Ort dafür. In dieser Zeit haben wir dann blockweise sehr konzentriert miteinander gearbeitet - und es war letztlich keine Unterbrechung unserer Arbeit.

Christian: Das war auch die Zeit, in der für mich das Komponieren für klassische Besetzungen sehr wichtig geworden ist. Der Abstand hat für uns beide etwas Neues bewirkt.

Wolfgang: Wobei unsere Beziehung nicht nur über das gemeinsame Musizieren läuft. Unsere letzte gemeinsame CD, "early music", ist im Jahr 2003 herausgekommen, danach haben wir noch drei Jahre gemeinsam Konzerte gegeben. Aber seither nicht mehr. In diesen 12 Jahren ist die Beziehung aber natürlich weitergegangen - und ist bis heute sehr intensiv. Ich bin einfach interessiert an Christians Leben. Ich kann mit ihm auch auf eine gewisse Art über Ideen oder Projekte sprechen, wo mir nicht viele Leute einfallen, mit denen ich das ebenfalls so könnte.