Pelé, Maradona, Messi: Mit dem WM-Titel von Katar hat Superstar Lionel Messi endlich den Fußball-Olymp erklommen und darf diskussionslos in einem Atemzug mit den allergrößten Legenden ausgesprochen werden. Und der Erste, der dies tat, war kein Geringerer als der dreifache Weltmeister Pelé höchstpersönlich: "Messi hat seinen ersten WM-Titel gewonnen, wie es seine Laufbahn verdient", schrieb er auf Instagram. "Diego lächelt jetzt sicherlich", fügte der 82-Jährige hinzu. Nach so einem Endspiel glauben wohl viele im Land des nunmehr dreifachen Weltmeisters, dass der vor zwei Jahren verstorbene und längst von der Bevölkerung heiliggesprochene Maradona seine Hand im Spiel gehabt haben musste.

Dabei war der Sieg über Titelverteidiger Frankreich (4:2 im Elfmeterschießen nach 3:3-Remis nach 120 Minuten) zwar wie jede Nervenschlacht vom Punkt ein Schuss Glück, der WM-Titel für Argentinien und Messi aber an sich gewiss nicht. Denn wer erinnert sich noch an die alte Fußballerweißheit, dass nur diejenige Mannschaft Weltmeister wird, die sich im Turnierverlauf steigern kann? Es war jedenfalls lange Zeit das Mantra der deutschen Turniermannschaft, die nicht selten in der Vorrunde patzte, dann aber von Spiel zu Spiel immer stärker wurde. Auch Messi legte mit seiner zuvor 36 Matches ungeschlagenen Albiceleste ausgerechnet gegen Saudi-Arabien (1:2) einen Schock-Start hin und stand gegen Mexiko schon gewaltig unter Druck. Doch in diesem Schlüsselspiel konnte das Ruder spät, aber doch herumgerissen werden - Messi traf in Minute 64 zur Führung. Das zweite Schlüsselspiel war jenes im Viertelfinale gegen die Niederlande, das im Nachhinein wie ein Vorbote des Finales wirkt: 2:0-Führung sehr spät verspielt - aber dann doch in Verlängerung und Elferschießen Ruhe und Nerven bewahrt. Tatsächlich schien am Sonntag in Lusail schon das größte Drama der WM-Geschichte seinen Lauf zu nehmen, als Kylian Mbappe per Doppelschlag die zuvor 80 Minuten nicht präsenten Franzosen zum Ausgleich schoss. Im letzten Moment schien Messi der WM-Pokal noch entrissen zu werden, obwohl er davor souverän das Spiel der Gauchos dirigiert hatte - Foulelfer selber verwandelt (23.), den herrlich herausgespielten Treffer von Angel di Maria (36.) eingeleitet. Andere Teams zerbrechen in diesem Moment, denn die Bleus hatten plötzlich das Momentum auf ihrer Seite. Doch vielleicht waren es genau jene negativen Erfahrungen der vier Endrunden zuvor, die Messi als Kapitän besonnen weiterkämpfen ließen. Auch, als selbst das 3:2 in der Verlängerung (Messis siebentes Turniertor/109.) wieder nicht reichte, weil Turnier-Torschützenkönig Mbappe neun Minuten später sogar zum dritten Mal einnetzte.

Doch dass dann ausgerechnet diesem Unglücksraben, der den Handselfer verursacht hatte - nämlich Verteidiger Gonzalo Montiel - im Penaltyschießen der goldene Schuss zum WM-Titel gelingen sollte, passt ins Bild dieses packendsten und wohl besten WM-Finales aller Zeiten mit so großer Geschichte und so vielen rührseligen Geschichten. Es war also einer dieser fleißigen Diener der Albiceleste, ohne die Messi nie so hätte glänzen können wie bei dieser WM - ein starkes Kollektiv, ein in sich gefestigtes Team, das dem Ball-Genius seinen allerletzten Wunsch erfüllen konnte. Und der mit der Sonne auf der Flagge Argentiniens, einem alten Inka-Symbol, um die Wette strahlen konnte. Als Wintersonnenkönig der Wüsten-WM.

"Das ist der Kindheitstraum eines jeden. Ich kann mich glücklich schätzen, in meiner Karriere alles erreicht zu haben", meinte Messi im Moment seines größten Triumphes. "Das, was fehlte, ist nun da. Das wollte ich zum Ende meiner Karriere, es gibt nichts mehr, was ich noch will. Danke Gott, er hat mir alles gegeben."

Dass der 35-Jährige dann zur "Krönungszeremonie" vom Emir von Katar einen schwarzen Schleier umgehängt bekam, passte wiederum auch ganz zu dieser seltsamen WM: Messi, der sich demonstrativ mit Kritik am Gastgeber zurückgehalten hatte, ließ es auf offener Bühne höflich über sich ergehen. Um diese Zwangsjacke von Fifa und Katar bei erstbester Gelegenheit wieder abzustreifen. Der König des Fußballs braucht keine neuen Kleider.