Lyon. Welt- gegen Europameister, USA gegen die Niederlande, und das alles vor knapp 60.000 Zuschauern in Lyon: Es könnte kaum ein würdigeres Finale geben, mit der diese Fußball-WM am Sonntag (17 Uhr) ihr Ende findet. Und selbst das Spiel um Platz drei am Tag davor, ansonsten bei Weltmeisterschaften ein eher tristes Rahmenprogramm, verspricht große Emotionen. Im Spiel gegen Schweden begehen Englands Karen Carney und Schwedens Hedvig Lindahl ihr jeweils letztes Spiel auf der großen Bühne des Weltfußballs.
Sie beide haben sie erlebt, jene Zeiten, in denen der Frauenfußball bestenfalls mitleidig belächelt wurde. Doch welchen Aufschwung er in den vergangenen Jahren genommen hat, offenbarte sich bei dieser WM in Frankreich mehr als deutlich. Spektakuläre Spiele, volle Stadien und Top-Einschaltquoten - die Übertragung des 1:0-Halbfinalsiegs nach Verlängerung gegen Schweden hatte in den Niederlanden einen Marktanteil von bis zu 78,5 Prozent - geben Zeugnis von einer Entwicklung, die nun auch die nationalen Verbände und die Fifa unter Druck bringt. Denn in Sachen Preisgeldern hinken die Frauen selbst dem vom Durchschnitt der Bevölkerung bekannten Gender Pay Gap weit hinterher.
Unterschiedliche Entwicklung
Die Fifa verkaufte es zwar vor der WM als Erfolg, dass sie erstmals Abstellungsgebühren an die Vereine entrichtet, wovon die Strukturen in den entsprechenden Ländern profitieren sollen, und die Summen für die Frauen seit der vorangegangenen WM in Kanada vor vier Jahren um das Doppelte erhöht wurden. Die 30 Millionen Dollar, die die 24 teilnehmenden Teams insgesamt bekommen, sind aber immer noch bedeutend weniger als jene 400 Millionen, die bei der Männer-WM 2018 in Russland (an 32 Mannschaften) ausgeschüttet wurden. Jede Mannschaft, die sich dort nach der Vorrunde verabschiedet hatte, bekam acht Millionen Dollar - das Doppelte der Weltmeisterinnenprämie. Um diese rittern nun zwei Teams, deren Entwicklung nicht unterschiedlicher hätte sein können. Die USA sind als Rekordweltmeister seit Anbeginn an führend; die Niederlande wiederum Repräsentantinnen des Fortschritts, der in Europa in den vergangenen Jahren gemacht wurde.
Sie haben die Impulse der Heim-Europameisterschaft vor zwei Jahren - bei der Österreich sensationell Dritter wurde - genützt; befeuert durch den Titelgewinn und die Euphorie im eigenen Land konnten Projekte vorangetrieben werden, die davor lanciert worden waren. Das Potenzial sei vorhanden gewesen, sagte Teamchefin Sarina Wiegman im Rahmen der nunmehrigen WM, nur an Infrastruktur habe es lange Zeit gemangelt. "Die Einrichtungen waren nicht da, aber seit dem Start der Ehrendivision konnten die Spielerinnen mehr trainieren und sich verbessern."
Noch immer aber zieht es die besten Spielerinnen der Niederlande ins Ausland. Vom aktuellen Kader spielen 15 Akteurinnen in anderen Ligen, das Gros davon in England, wo der Frauenfußball schon in den 1920er-Jahren eine große Fanbasis hatte, ehe er zwischenzeitlich verboten wurde.
Österreich hinkt hinterher
Doch auch in Frankreich, dem Land von Serien-Champions-League-Sieger Lyon, und Spanien haben die Verbände zuletzt einiges unternommen, um den Frauenfußball auf stabilere Beine zu stellen. In Österreich gibt es indessen zwar einen Liga-Hauptsponsor, international ist man aber noch weit von den großen Nationen entfernt. Der ÖFB hat daher in seinem im Herbst präsentierten Strategiepapier 2018 - 2023 einen Schwerpunkt der Förderung des Frauenfußballs gewidmet. Mit Marketing-Kampagnen und Umfragen soll extern wie intern Bewusstsein geschaffen werden, um mehr Mädchen und Frauen in den Fußball zu bringen. Taten müssen freilich erst folgen. Doch auch wenn Österreich diesmal nicht dabei war und der Weg noch ein weiter ist: Die WM 2019 hat gezeigt, in welche Richtung es gehen kann.