Die Drohungen haben ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Nach fast einer Woche des Hick-Hacks zwischen der belgischen Liga, der europäischen Fußballkonföderation Uefa sowie der European Club Association hat Erstere einen Rückzieher gemacht. Die Entscheidung, ob die nationale Meisterschaft vorzeitig abgebrochen und Club Brügge noch vor Abschluss des Grunddurchgangs sowie des Meister-Play-offs zum Sieger erklärt wird, die in der Vorwoche für massive Kritik seitens der europäischen Obrigkeit gesorgt hatte, werde auf 24. April verschoben, hieß es am Freitagvormittag. Eine Ratifizierung müsse durch alle 24 Klubs erfolgen, zuletzt hatten sich 17 von ihnen dafür stark gemacht.

Das ist zumindest die offizielle Diktion. Die inoffizielle Lesart ist freilich, dass ein Europacup-Ausschluss, den Uefa-Präsident Aleksander Ceferin den Belgiern in Aussicht gestellt hatte, diesen teuer zu stehen kommen würde. Davor hatten die Belgier gehofft, nicht nur gesundheitspolitisch – das Land ist besonders stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen -, sondern auch finanziell glimpflich aus der Angelegenheit herauszukommen. Denn anders als in anderen europäischen Ligen, bei denen die Ausschüttung der TV-Gelder an die Beendigung der Meisterschaft geknüpft ist, sind diese in Belgien bereits zur Gänze ausbezahlt – und müssen auch nicht refundiert werden.

Warnungen vor Europacup-Ausschluss

Die Differenzen mit der Uefa verdeutlichen aber wieder einmal, dass nationale Ligen im globalen Fußball halt noch lange keine rein nationalen Angelegenheiten sind. Dies hatte der Kontinentalverband in einem prompten Konter klargestellt: In einem Brief, den die Uefa gemeinsam mit der European Club Association an die 55 Mitgliedsverbände sowie deren Ligen gerichtet hat, heißt es: "Da die Teilnahme an Uefa-Klubbewerben vom sportlichen Ergebnis abhängt, das am Ende eines vollständigen nationalen Wettbewerbs erzielt wird, würde eine vorzeitige Beendigung Zweifel an der Erfüllung dieser Bedingung aufkommen lassen. Die Uefa behält sich das Recht vor, den Anspruch der Vereine auf Zulassung zu den Uefa-Klubbewerben 2020/21 gemäß den einschlägigen geltenden Wettbewerbsbestimmungen zu beurteilen."

Unverhohlener kann man eine Drohung kaum aussprechen. Und dennoch: Sollten die Belgier bei ihrer Entscheidung bleiben, könnte dies Schule machen. Obwohl die Uefa das Zeitfenster, innert dessen die Saison beendet werden muss, vergrößert und auch theoretisch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Transfers und Verträge geschaffen hat, sowie die Ligen von Deutschland bis Österreich anfangen, an der Wiederaufnahme des Spielbetriebs mit Geisterspielen zu basteln, ist längst nicht klar, wie sich die Causa entwickelt.

Windtner fürchtet "Flut an Klagen"

Die österreichische Bundesliga will am kommenden Donnerstag in einer Videokonferenz weitere Schritte besprechen – und hofft freilich davor auf konkretere Vorgaben der Bundesregierung bezüglich des Sportbetriebs in Österreich -, noch driften die Meinungen, ob man auch dem heimischen Fußball wieder den Kick geben soll oder nicht, doch deutlich auseinander. Während Siegmund Gruber als Präsident des nach dem Grunddurchgang führenden Linzer ASK Verständnis für die Belgier äußerte und Uefa-Chef Ceferin hart kritisiert ("Wahrscheinlich geht es ihm eher darum, sein Gehalt von 1,6 Millionen Euro zu verdienen"), dürften die Verfolger sowie diejenigen, für die es um die Europacup-Plätze, um Auf- oder Abstieg geht, ganz anders sehen. Auch Österreichs Verbandspräsident Leo Windtner warnte vor einer vorzeitigen Beendigung der Saison. In diesem Fall könnte es "eine Flut an Klagen geben", sagte er in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". Belgien lässt grüßen.