Grün, das ist bekanntlich die Farbe der Hoffnung. Und auch jetzt hoffen sie bei Werder Bremen gemäß der Vereinsfarbe, die einmal mehr, zuletzt aber immer weniger hell leuchtete. Sie hoffen auf Thomas Schaaf, den ehemaligen Langzeit-Trainer, der nun für die letzte Runde der deutschen Bundesliga am Samstag gegen Mönchengladbach (15.30 Uhr) für den beurlaubten Florian Kohfeldt einspringen muss, und sie hoffen, dass mit ihm doch noch der direkte Klassenerhalt gelingen möge.

Aktuell befindet sich Werder auf dem Relegationsplatz, nach zuletzt nur einem Punktgewinn aus neun Spielen beträgt der Vorsprung auf den derzeit vom 1. FC Köln besetzten Fixabstiegsplatz nur einen Zähler. Doch die Hoffnung wirkt eher erzwungen - und die Personalie nur Sekunden vor dem Schlusspfiff auf viele Fans wie ein Akt der Verzweiflung. Sie sehen das Versagen mehr im Management, opponieren gegen die Vereinsführung rund um den mehr als angezählten Geschäftsführer Frank Baumann und fordern selbst mehr Mitsprache. "Bequemlichkeit und Ausruhen auf Traditionen und alten Sympathiewerten sind nicht die adäquaten Mittel in der Situation, in der Werder aktuell festgefahren ist", wird Maria Yaiza Stüven Sanchez von der Initiative "Kein-weiter-so" auf dem Portal deichstube.de zitiert. Stüven Sanchez, ein Werder-Fan seit eh und je, will ebenso wie TV-Moderator Jörg Wontorra für den Aufsichtsrat kandidieren.

Die Probleme, die sie anspricht, hat Werder nicht exklusiv. Die Bremer sind wie der HSV, der 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt, Kaiserslautern, Meidericher SV (Duisburg), Schalke 04, Stuttgart, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund, 1860 München, Nürnberg, Karslruher SV, Hertha BSC, Preußen Münster und Saarbrücken Gründungsmitglieder der Bundesliga, die 1963 ihren Betrieb aufgenommen hat. Nur sieben der genannten 16 Vereine spielen aktuell noch (oder wieder) in der obersten Liga. Und dass es in der kommenden Saison weniger sein werden, steht jetzt schon fest. Schalke steht nach 30 Jahren ununterbrochener Bundesliga als Fixabsteiger fest; der Zweitligist HSV als Nicht-Aufsteiger. Insofern kann man zumindest sagen: Für viele Fußballfans könnte die zweite Liga künftig interessanter als die erste werden.

Die Hamburger haben im verzweifelten Griff nach dem letzten Strohhalm ebenso wie Werder auf eine Vereinsikone zurückgegriffen und Horst Hrubesch reaktiviert. Doch die Versäumnisse der Vergangenheit waren nicht aufzuholen.

Tugenden der Vergangenheit über Bord geworfen

Ähnlich könnte es sich mit Werder verhalten, das sich von den Stärken der Vergangenheit, als man vier Titel in der Meisterschaft, sechs im DFB-Pokal, drei im Supercup, einen im Ligapokal sowie einen im Europacup der Pokalsieger geholt hat, dabei mit erfrischendem Fußball begeistert und mit seiner Vereinsphilosophie, Spieler auszubilden, anstatt teuer einzukaufen, immer mehr entfernt hat. Schon die vergangenen Jahre waren beim Klub, bei dem in Marco Friedl und Romano Schmid auch zwei Österreicher engagiert sind, welche des Wurschtelns.

Kohfeldt, der mit drei Jahren und 198 Tagen der am zweitlängsten dienende Trainer der Bundesliga war, galt als Ur-Bremer, aber gleichzeitig als erst Mittdreißiger als Identifikations- und Innovationsfigur gleichermaßen. In seiner zweiten Saison, in der die Bremer nur knapp die Europa League verpasst haben, wurde er als Trainer der Jahres in der Bundesliga ausgezeichnet. Doch zuletzt bröckelte nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Spielphilosophie, die eher ideenlos ausfiel. Daran trägt freilich nicht der Coach alleine die Schuld. Denn im Kampf um die Rückkehr zur alten Stärke wurden alte Tugenden schon einmal über Bord geworfen, stattdessen wurde der Negativturbo erst so richtig angeworfen. Seit Jahren weist der einstige Ausbildungsverein eine negative Transferbilanz auf, die die ohnehin schon länger vorhandene finanzielle Krise verschärft hat und nun umgekehrt zu einem Ausverkauf führen könnte. "Sie suchten den schnellen Erfolg, holten teure Spieler. Nun muss der Klub mit billigeren Spielern erfolgreicher spielen", resümiert der "Spiegel", der ein düsteres Bild zeichnet: "Werder befindet sich längst in der Abwärtsspirale. Der Abstieg in die zweite Liga wäre nur konsequent."

Noch ist es freilich nicht soweit, noch haben Schaaf und die Spieler die Möglichkeit, sich über das letzte reguläre Spiel oder die Relegation zu retten. Bisher ist das noch erstaunlich oft gelungen, mit Ausnahme der Saison 1980/81 spielte der Verein stets in der Bundesliga. 57 Saisonen sind das immerhin, so viele hat noch keine andere Mannschaft zusammengebracht. Auch wenn viele davon gewurschtelt waren.