England hat den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale bei der paneuropäischen Fußball-EM verpasst. Die "Three Lions" kamen im Prestigeduell mit Nachbar Schottland am Freitag im Londoner Wembley Stadion über ein torloses Remis nicht hinaus und liegen vor der abschließenden Runde in der Gruppe D nur auf Rang zwei. Die ebenfalls bei vier Zählern haltenden Tschechen sind aufgrund des besseren Torverhältnisses voran, am Dienstag kommt es in London zum "Finale" um den Pool-Sieg.
Die Schotten holten genauso wie die Kroaten (1:1 gegen Tschechien) den ersten Punkt, sind bei einem Torverhältnis von 0:2 allerdings Tabellenschlusslicht. Die beiden Teams matchen sich am Dienstag in Glasgow und stehen dabei unter Siegzwang. Es war die zweite Nullnummer im laufenden Turnier nach jener von Spanien gegen Schweden am Montag. Aufgrund des Chancen-Gleichgewichts kann man die Punkteteilung in einem der traditionsreichsten Nationen-Duelle im Fußball durchaus als leistungsgerecht einordnen.
Schotten erkämpften sich ein Unentschieden
Bei den Engländern gab es im Vergleich zum Auftakt-1:0 gegen Kroatien zwei Änderungen in der Startelf. Reece James von Champions-League-Sieger Chelsea bekam gegenüber Kyle Walker als Rechtsverteidiger den Vorzug. Auf der linken Seite der Viererkette begann Luke Shaw anstelle von Kieran Trippier. Mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren und 31 Tagen begann laut dem Sport-Datenspezialisten Opta die jüngste englische Startformation bei einem EM- oder WM-Turnier. Bei Österreichs WM-Qualifikationsgegner standen vier frische Kräfte in der Anfangself, darunter der genesene Arsenal-Abwehrspieler Kieran Tierney.
Nachdem alle Akteure inklusive des spanischen Schiedsrichters Antonio Mateu Lahoz und seine Assistenten als Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung niedergekniet waren, machten die Schotten bei starkem Regen den vorhandenen qualitativen Unterschied der beiden Kader durch einen beherzten Auftritt quasi wett. Nicht nur in der Defensive präsentierte sich die Truppe von Teamchef Steve Clarke über weite Strecken sehr sattelfest, sie versuchte auch immer wieder im Spiel nach vorne Nadelstiche zu setzen, weshalb sich eine ziemlich ausgeglichene erste Hälfte entwickelte.
Brandgefährlich war der Außenseiter schon in der vierten Minute, da wurde ein Schuss von Che Adams gerade noch geblockt. Auf der anderen Seite hatte John Stones mit einem Kopfball an die Stange Pech (11.) und zielte Mason Mount aus vier Metern neben das Tor (13.). Für den Gleichstand an Topchancen sorgte Stephen O'Donnell mit einem Volleyschuss, den Jordan Pickford mit einer tollen Parade entschärfte (30.).
Nach dem Seitenwechsel hatte der große Favorit durch Schüsse von Mount (48.) und Reece James (55.) zwar den besseren Beginn, von einem Klasse-Unterschied war aber neuerlich nicht viel zu sehen. Und die Schotten hatten in Teil zwei der zweiten Hälfte gar die besseren Möglichkeiten. Bei einem Dykes-Abschluss rettete James für seinen Tormann Pickford in höchster Not (62.). Zudem verfehlte der Neo-Schotte Adams aus guter Position das Tor (78.). Danach reklamierten die Engländer einmal noch vergebens Elfmeter. England ging nach sieben Siegen in Folge wieder einmal nicht als Gewinner vom Platz.
Kroatien enttäuschte bei 1:1 gegen Tschechien erneut
Vize-Weltmeister Kroatien droht bei der Fußball-EM das Achtelfinale zu verpassen. Am Freitag mussten sich Luka Modric und Co. gegen Tschechien mit einem 1:1 (0:1) zufriedengeben und gehen mit nur einem Punkt in das letzte Spiel von Gruppe D gegen Schottland. Nach einer schwachen ersten Hälfte rettete Ivan Perisic (52.) zumindest das Remis, das die Tschechen mit nun vier Zählern vor dem Duell mit England alle Chancen auf den Aufstieg lässt.
Patrik Schick hatte den Außenseiter in Glasgow vom Elferpunkt in Führung gebracht (37.) und lässt das Team von Jaroslav Silhavy damit weiter träumen. Der Mann von Bayer Leverkusen hat alle drei Turniertore der Tschechen erzielt. Der Punkt war auch die Belohnung für eine couragierte Vorstellung gegen die neuerlich enttäuschenden Kroaten.
Bei ihnen kehrte Routinier Dejan Lovren im Vergleich zum Auftakt-0:1 gegen England nach einer Knieblessur anstelle von Ex-Salzburger Duje Caleta-Car in die Verteidigung zurück, Teamchef Zlatko Dalic verstärkte zudem mit Josip Brekalo (statt Marcelo Brozovic) seine Offensive. Die Tschechen, die zum Auftakt Schottland 2:0 besiegten, brachten mit Tomas Holes statt Mittelfeldmann Alex Kral mehr Defensivkraft ins Spiel.
Dennoch dominierten sie die Anfangsminuten, in denen auch ein Köpfler von Tomas Soucek knapp über das Tor ging (4.). Einen Dropkick von Jakub Jankto ereilte dasselbe Schicksal (12.), schließlich missglückte Schick ein Abschluss aus Kurzdistanz (18.). Kroatien wiederum brachte keine entscheidenden Pässe im Schlussdrittel zuwege, der erste entsprang einem Fehler der Tschechen, deren Goalie Tomas Vaclik aber vor Rebic zur Stelle war (22.).
Vom Favoritenstatus der Kroaten war nichts zu merken, von einem Angriffsfurioso nichts zu sehen. Ein zu zentraler Schuss von Perisic auf Vaclik blieb nach einem Eckball lange der einzige Torschuss (24.) der statisch agierenden Truppe. Tschechien hatte kaum Mühe, die Angriffe des Gegners zu verteidigen, konnte seinerseits bis zur Pause die Umschaltmomente nur selten nützen. Einmal aber schaute eine Ecke heraus, just Lovren verursachte in der Folge mit seiner unabsichtlichen Ellbogenattacke im Luftkampf gegen Schick einen Elfer. Und der Gefoulte verwertete sicher.
Auch wenn Rebic bei seinem Schuss ans Außennetz fast postwendend ausgeglichen hätte (38.) und Andrej Kramaric noch einmal Vaclik prüfte (44.), wirkte Kroatien erledigt - und war doch nicht abzuschreiben. Die "Vatreni" kamen völlig verändert aus der Kabine und feierten einen perfekten Einstand in die zweite Hälfte: Perisic, der die Seite gewechselt hatte, zog von außen ins Zentrum, setzte sich im 1:1 durch und schloss mit einem Schuss ins lange Eck ab.
Tschechien ließ sich vom Gegentor aber ebenso wenig beeindrucken wie von der gestiegenen Präsenz und Bissigkeit der Kontrahenten, antwortete mit einem Soucek-Schuss knapp am langen Eck vorbei (52.). Auch ließ der Anfangsdruck der Kroatien wieder nach, die Partie war nach gut einer Stunde völlig offen. Ein brandgefährlicher Schuss von Nikola Vlasic über das Tor (72.) kam zu diesem Zeitpunkt durchaus überraschend. Kroatien ließ den Siegeswillen nicht erkennen, vielmehr kamen die Tschechen im Finish noch zu einer Möglichkeit: Adam Hlozek verzog bei einem Versuch aus zehn Metern aber klar (76.). Für Kroatien vergab Bruno Petkovic kurz vor Schluss im Sechzehner den "lucky punch" (89./geblockt).