Bei der EM hat er für Aufregung gesorgt, ab dem Saisonstart kommt der Videobeweis auch in der österreichischen Bundesliga zum Einsatz. Aufgrund des Lockdowns verschob sich die Einführung um ein halbes Jahr nach hinten, nun erhoffen sich die Liga und der ÖFB etwas mehr Gerechtigkeit. "Der VAR funktioniert wie ein Airbag", sagte der frühere deutsche Fifa-Schiedsrichter Hellmut Krug, der die Ausbildung der österreichischen Video-Schiedsrichter als Experte begleitet hat.
Ab dem 23. Juli, wenn Sturm Graz Meister Salzburg empfängt, gehören der Video Assistant Referee (VAR) und sein Assistent, genannt AVAR, auch zur Stammbesetzung einer Partie in der höchsten österreichischen Spielklasse. Dazu kommt ein so genannter Replay-Operator, der im VAR-Raum in Wien die Hebel bedient und den Regel-Fachleuten schnell die benötigten Bilder zuspielen muss. Nicht nur bei sämtlichen Bundesliga-Spielen, auch im Finale des ÖFB-Cup schaut der VAR in Zukunft mit Argusaugen zu. Die Implementierungskosten in der Höhe von rund einer Million Euro trägt der ÖFB, der laufende Betrieb wird von der Bundesliga mit rund 1,5 Millioenn Euro pro Saison gestemmt. Von einem großen und wichtigen Schritt sprach Verbandschef Leo Windtner und davon, dass die ÖFB-Schiedsrichter dadurch sukzessive wieder international den Anschluss finden.
Überprüfung in Wien
Wobei: Die Operatoren haben keinen direkten Bezug zum Schiedsrichterwesen, sie wurden im Rahmen eines sechswöchigen Programms vom technischen Anbieter Hawk-Eye geschult. Das VAR-Personal hingegen setzt sich vorerst aus Unparteiischen der Bundesliga und zweiten Liga zusammen, 13 VAR-Duos gibt es in Österreich. Eigentlich hätte der Start schon mit Beginn der Frühjahrssaison 2021 erfolgen sollen, doch die Covid-19-Pandemie bewirkte einen Aufschub der vorgeschriebenen Schulungen von Mitte März bis Ende Juni 2020.
In den meisten Fällen liefern sechs Kameras von Liga-Partner Sky das Rohmaterial an Hawk-Eye, bei Schlagerpartien wird auf bis zu elf Kameras erweitert. Mittels Glasfaserkabel werden die Signale nach Wien geleitet, dort aufbereitet und für mögliche Überprüfungen auf dem Rasen aus der Video-Zentrale retour ins Stadion geschickt. Sky speist zudem über eine App Grafiken in das Live-Bild ein, um die TV-Zuschauer schnell und transparent über die VAR-Intervention zu informieren.
Andreas Holzer, der sich als Projektleiter bei der Bundesliga um die Umsetzung kümmert, hat bei den vielen Testläufen in den Bundesliga-Arenen eines festgestellt: "Das Zeitmanagement ist extrem wichtig. Schiedsrichter und VAR und Operator müssen sehr schnell und präzise kommunizieren." Damit sollen die krassesten Fehlentscheidungen sofort auf dem Platz korrigiert werden. So wie ein Airbag nur bei einem Crash aufgeht, soll auch der VAR nur im Notfall eingreifen.
Weiter Diskussionsstoff
Einer der Hauptkritikpunkte ist längst ins Leere gelaufen, wie zuletzt die EM wieder gezeigt hat. Gegner suggerierten, dass es nur noch unumstrittene Entscheidungen geben würde. Dadurch würde der Fußball eines wesentlichen Elements beraubt, nämlich der sich nach dem Spiel ergebenden, teils hitzigen Debatten. Der bisherige Erfahrungsschatz widerlegt das jedoch klar: Nicht eindeutige Szenen und damit ihre subjektive Bewertung sind weiterhin ein integraler Bestandteil des Spiels. Ergo wird nicht weniger diskutiert, wobei gerade das Tun des VAR Gesprächsstoff liefert. Die Emotionen werden also dem Fußball in jedem Fall erhalten bleiben.