Eigentlich war die Superliga Geschichte, noch bevor sie so richtig gegründet worden war. Eigentlich. Denn auch rund fünf Monate, nachdem sich die meisten Teams aufgrund des Drucks aus der Politik aus dem nur wenige Tage davor großspurig angekündigten Projekt verabschiedet und dieses damit vorerst zum Platzen gebracht haben, ist die dritte Halbzeit noch lange nicht vorbei. Vielmehr steuert der Streit, ob europäische Großklubs mithilfe potenter Investoren ein De-facto-Konkurrenzprodukt zu den etablierten (und weniger etablierten) Uefa-Bewerben lancieren dürfen, nun abermals einem Höhepunkt entgegen.
Laut spanischen Medien hat der spanische Richter Manuel Ruiz de Lara der europäischen Konföderation Uefa ein Ultimatum von fünf Tagen gestellt, um die Sanktionsdrohungen gegen die Gründungsmitglieder der umstrittenen Liga zurückzunehmen. Dies müsse die Uefa auf ihrer Internetseite offiziell mitteilen. Anderenfalls müsse Uefa-Chef Aleksander Ceferin mit einer Anklage wegen Nichtbeachtung eines richterlichen Urteils rechnen.
Dies berichtete die Sportzeitung "Marca" unter Berufung auf die Entscheidung des Handelsgerichts Nummer 17 in Madrid vom Montag. Der Richter habe es als unzureichend bezeichnet, dass die Uefa die Drohung, die Vereine von Wettkämpfen auszuschließen, nur außer Kraft gesetzt habe. Es war zunächst unklar, welche Auswirkungen die Gerichtsentscheidung auf die Uefa und Ceferin haben würde. Jedenfalls wäre es ein Etappensieg für die Superliga-Willigen und ein Schritt in Richtung dieser Eliteliga.
Ball an EuGH weitergerreicht
Derselbe Richter hatte jedenfalls bereits im April dem Weltverband Fifa und der Uefa sowie dessen angeschlossenen Organisationen und Ligen jede Sanktion oder andere Maßnahmen gegen die zwölf Gründerklubs der Superliga untersagt. Die Entscheidung vom April war auf Antrag des Unternehmens European Superleague Company SL gefällt worden.
Im Mai rief der Richter dann den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, der klären sollte, ob Fifa und Uefa Monopolstellungen bei der Nutzung und Organisation von Wettkämpfen internationaler Klubs ausüben, die gegen EU-Recht verstießen. In ähnlich gelagerten Fällen hat der EuGH aber zumeist zugunsten der großen Fußballinstitutionen entschieden.
Den Anfang hatte der Streit genommen, als zwölf europäische Topklubs, darunter zunächst auch sechs englische Premier-League-Vereine, in der Nacht zum 19. April mit der Veröffentlichung ihrer Superleague-Pläne für ein Beben in Fußball-Europa gesorgt haben. Die Wellen waren vorerst abgeebbt, als sich die englischen und einige andere Klubs abwandten.
Uefa und Fifa in anderen Fragen uneinig
Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin halten aber weiter an den Plänen fest. Schließlich würde die Superliga ihnen einen fixen Startplatz in einem elitären Feld - der den kriselnden Klubs aus Turin nach derzeitigem Stand in der Champions League nicht sicher wäre - und entsprechende Einnahmen bringen. Inzwischen hat die Uefa die angekündigten Sanktionen zwar ausgesetzt, dies ist aber offenbar auch den spanischen Richtern zu wenig.
In ihrer Opposition zur Superliga waren und sind Fifa und Uefa vereint, in anderer Causa aber stehen auch zwischen ihnen die Zeichen auf Sturm. Die Fifa will lieber gestern als heute die aus Saudi-Arabien angetriebenen Pläne, die Weltmeisterschaft künftig im Zweijahresrhythmus auszutragen, in die Tat umsetzen, in Fußball-Europa stoßen diese aber auf heftigen Widerstand. Schon Ende dieses Monats soll ein Online-Gipfel stattfinden, bei dem eine Grundsatzentscheidung fallen soll.
Uefa-Präsident Ceferin drohte indessen mit Boykott und forderte ein Treffen mit Fifa-Chef Gianni Infantino. Möglich, dass auch die Superliga dabei Rand-thema sein wird. (dpa/apa/art)