Vor wenigen Tagen noch standen sie sich als Gegner in der heimischen Bundesliga auf dem Platz, am Donnerstag warten auf Rapid Wien und Sturm Graz nun Spiele in der Europa League - und das gegen gänzlich andere Kaliber.

Rapid muss auswärts gegen West Ham bestehen (21 Uhr/ServusTV, um nicht noch tiefer in die Krise zu schlittern und sich gedanklich nach dem Auftakt-0:1 gegen Genk schon aus dem europäischen Zweitbewerb zu verabschieden; Sturm wiederum hat die PSV Eindhoven zu Gast (18.45 Uhr/ORF1 und Sky). Salzburgs 2:1-Sieg über Lille in der Champions League hat die Stimmungslage gehoben, für Rapid und Sturm sind die Voraussetzungen aber andere.

Rapid und West Ham eint die Tradition, aber sonst nicht allzu viel. Nicht nur die Qualität des Premier-League-Siebenten spricht gegen eine Sensation der Wiener, sondern auch deren aktuelle Form. Vier der jüngsten Pflichtspiele wurden verloren, darunter auch die Generalprobe gegen Sturm (0:3). "West Ham verfügt über eine sehr große Qualität, wir wissen, dass wir klarer Außenseiter sind", sagte Rapid-Coach Dietmar Kühbauer vor dem Abflug am Mittwochvormittag.

West Ham zehn Mal so viel "wert"

Das macht auch der Blick auf den Marktwert nur allzu deutlich. Mit dem englischen Teamspieler Declan Rice (70 Millionen Euro) und dem Tschechen Tomas Soucek (40 Millionen Euro) gibt es zwei Akteure der Hammers, die jeweils alleine mehr wert sind, als der gesamte Rapid-Kader (34,55 Millionen). Jener der Londoner ist mit 353,25 Millionen Euro mehr als zehnmal wertvoller.

Dementsprechend sind auch die Gehälter in anderen Sphären. "In England scheint das Geld im Fußball ja nach wie vor abgeschafft zu sein", merkte Kühbauer bezüglich des großen Unterschieds die finanziellen Möglichkeiten betreffend an. Geld schießt einem Sprichwort zufolge aber bekanntlich keine Tore. Darauf hofft auch Kühbauer, dessen Team die Ligatristesse - die jüngsten drei Partien wurden verloren samt Rückfall auf den vorletzten Tabellenplatz - vergessen machen will. "Die Vorzeichen sind klar, aber trotzdem fliegen wir nach London, um etwas mitzunehmen. Um das zu realisieren, müssen wir aber auf einem sehr hohen Niveau spielen und von Anfang an schauen, dass der Gegner nicht in den Spielfluss reinkommt", sagte der 50-Jährige. Zu erwarten sei auf alle Fälle ein "sehr intensives" Spiel.

Wimmer hat schon seine Erfahrungen mit West Ham

Ausgetragen wird es im 60.000 Zuschauer fassenden London Stadium. Immerhin können die Hütteldorfer auf die Unterstützung von mehr als 1.000 Anhängern zählen, nachdem seit September Auswärtsfans wieder erlaubt sind. "Trotz unserer derzeit schwierigen Situation in der Liga unterstützen uns die Fans super. Wir werden alles daransetzen, um ihnen ein gutes Spiel zu bieten", versprach Rapids Coach. Seine Spieler bauen auf die Unterstützung von den Rängen. "Ich glaube, dass die Rapid-Fans mehr Stimmung machen als die von West Ham, darauf können wir uns alle freuen", sagte Kevin Wimmer.

Der Abwehrspieler kennt die Atmosphäre vor Ort und den Gegner aus eigener Erfahrung. Bei Wimmers beiden Liga-Einsätzen gegen den Gewinner des Cup der Cupsieger von 1965 - 2016 ein Auswärts-0:1 mit Tottenham, 2017 ein Heim-0:3 mit Stoke City - gab es kein Erfolgserlebnis. Diesmal soll sich das in einem "sehr besonderen Spiel" ändern. "Für einen Fußballer machen solche Spiele den meisten Spaß. Wir sind nicht der große Favorit, wollen aber für eine Überraschung sorgen und zeigen, was in uns steckt", betonte der 28-Jährige.

Die Reise traten auch die zuletzt nicht fitten Stammkräfte Ercan Kara und Kapitän Maximilian Hofmann an. Ihr Einsatz ist aber weiter fraglich, da sie zuletzt nicht trainieren konnten. "Das werden wir uns noch genau anschauen, gerade gegen einen Gegner wie West Ham brauchen wir voll fitte Spieler am Platz", sagte Kühbauer.

Wirbel zwischen Fans in Graz

Das gilt freilich auch für Sturm gegen die Niederländer, die ebenfalls als klarer Favorit in das Duell gehen. Vor mit 15.000 Zuschauern bestens gefülltem Haus will Sturm aber den Schwung aus den nationalen Erfolgserlebnissen nutzen. 

Einige Sturm-Fans sorgten aber schon am Abend vor dem Spiel für unliebsamen Wirbel. Rund 50 vermummte Steirer, sie dürften dem "schwarzen Block" der Sturm Graz-Fans angehören, haben von außen ein Pub am Färberplatz attackiert, weil darin rund 50 niederländische Fußballfans des PSV Eindhoven - laut Polizei friedlich - zu Gast waren. Wegen des aufkommenden Wirbels schritt die Polizei ein. Glasscheiben und Mobiliar des Lokals wurden zerstört und es gab vier Festnahmen, hieß es am Donnerstag seitens der Polizei.

Die Niederländer hielten sich gegen 21.30 Uhr in dem Pub auf, als plötzlich die Sturm-Anhänger vor dem Lokal auftauchten. Die Polizei wurde gerufen, und alle verfügbaren Streifen schritten am Färberplatz in der Innenstadt ein. Es kam zu turbulenten Szenen - auch mit den Holländern. Zwei Niederländer wurden dann wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen, ein Steirer und ein weiterer Niederländer wegen Verwaltungsübertretungen. Zudem setzte es mehrere Anzeigen wegen Verwaltungsübertretungen, schilderte Polizeisprecher Fritz Grundnig.

Sturm braucht "Mega-Leistung"

Sportlich will Sturm aus der 0:1-Niederlage in Monaco gelernt haben. "Dass wir Monaco, PSV und Real Sociedad an die Wand spielen, wird es nicht geben", stellte Christian Ilzer am Tag vor der Partie klar. "Wenn sich aber etwas anbietet, müssen wir die Chance ergreifen und zuschlagen."

Der Sturm-Coach sprach von einem "absoluten Highlight-Spiel" und einer "Mega-Leistung", die gegen den von 800 Fans unterstützten niederländischen Topklub, bei dem ÖFB-Legionär Phillipp Mwene spielt, vonnöten sein wird. "Auch wenn wir in der Gruppe immer krasser Außenseiter sind, müssen wir in jedes Spiel gehen, dass wir uns zutrauen, zu punkten." Nach der Partie vor zwei Wochen im Fürstentum durchlief Sturm einen Lernprozess. "Wir haben dort eine Dominanz erlebt, wie wir sie davor noch nie erlebt haben", meinte Ilzer über das 0:1 rückblickend.

Anführen konnte er die darauffolgenden Resultate. 5:0 gegen die WSG, 4:0 im Cup in Hohenems und zuletzt 3:0 bei Rapid. Sturm ist in der Liga der erste und einzige wirkliche Salzburg-Verfolger. "Ich habe in diesen Spielen bereits Dinge gesehen, die wir uns vorgenommen haben, sie umzusetzen." Am besten nun auch gegen PSV.(apa/red)