Red Bull Salzburg und die Champions League - das war lange Zeit eine unglückliche Liaison. Erst 2019 gelang erstmals in der Dosen-Ära die Qualifikation für die europäische Königsklasse, womit nach elf vergeblichen Anläufen der schon manifest gewordene Fluch abgeschüttelt werden konnte. Doch wenn am Mittwoch (21 Uhr/Servus-TV) der FC Sevilla in der leeren Bullen-Arena gastiert, geht es neuerlich um das Ende einer Negativserie, hat doch die Elf aus Mozarts Geburtsstadt schon drei Mal in ihrer Vereinshistorie erst am letzten Drücker den Einzug in die K.o.-Phase der Champions League verpasst.

Diesmal wäre es nach dem furiosen Start mit sieben Punkten in der Hinrunde besonders bitter, wenn das schon rettende Remis nicht gelänge - denn noch kein Klub hat mit einer solch totalen Pleite in der Rückrunde die Segel streichen müssen.

Wir blicken zurück auf die bisherigen Salzburger Finalspiele.

1994 0:1 gegen den AC Milan. Als Uefa-Cup-Finalist war das violette Wunderteam von Otto Baric in die starke Gruppe mit den späteren Finalisten Ajax Amsterdam und AC Milan gelost worden. Das randvolle Prater-Oval wollte den SV Salzburg zur nächsten Sensation peitschen, zumal gegen den aktuellen Titelträger schon ein Remis zum Aufstieg gereicht hätte. Nach starkem Beginn (ein Schuss von Nikola Jurcevic streifte am langen Eck vorbei), traf Daniele Massaro per Abstaubertor (26.) mitten ins Herz von ganz Fußball-Österreich. Denn Otto Konrad, Heimo Pfeifenberger und Co. fanden gegen die abgebrühten, von Dejan Savicevic dirigierten Rossoneri kein Rezept mehr.

2019 0:2 gegen Liverpool. Fast genau 25 Jahre später sollte sich Fußballgeschichte wiederholen - wieder ging es am letzten Spieltag um den Aufstieg, wieder wartete vor heimischem Publikum der amtierende Champion, wieder war die Euphorie gewaltig. Aber wieder wurden die Salzburger aus allen Champions-League-Träumen gerissen. Ein Sieg gegen den FC Liverpool hätte es werden müssen, nach dem starken Auftritt in Anfield (3:4-Niederlage) für Erling Haaland und Co. kein Ding der Unmöglichkeit. Und die norwegische Naturgewalt, die in jenem Herbst kometenhaft aufgestiegen war, hätte es in einem ihrer letzten Auftritte in Salzburg zwei Mal auf dem Fuß gehabt, Jürgen Klopps Starensemble zu schocken - ehe dann just der Ex-Salzburger Naby Keïta (57.) und Mo Salah (58.) per Doppelschlag für klare Verhältnisse sorgten.

2020 0:2 gegen Atletico. Auch im Vorjahr hieß es Anfang Dezember, aus der Champions League Abschied zu nehmen. In der starken Gruppe mit Pokalholder Bayern München hielt die Elf von Jesse Marsch trotz magerer vier Punkte das Rennen bis zum letzten Spieltag offen - und hätte den spanischen Spitzenklub mit einem Heimsieg noch aus dem Bewerb kicken können. Wieder rannten die Salzburger mutig an, wieder gab es einige Chancen zur Führung (Stangenschuss von Mergim Berisha), doch wieder setzte sich dann, wenn es draufkommt, die höhere Klasse durch. Mario Hermoso (39.) und Yannick Carrasco (86.) sorgten auf Seiten der Colchoneros für die Entscheidung. "Sie hatten die nötige Qualität und auch Erfahrung", resümierte schließlich Salzburg-Coach Marsch.

Nun, Erfahrung im Platzen des Aufstiegs-Traumes hat der Klub nun wahrlich genug gesammelt, wiewohl die aktuelle Jungspund-Truppe gegen den FC Sevilla erst ihre wahre Feuertaufe erlebt. Denn der sechsfache Europa-League(-Rekord)-Sieger und derzeitige Tabellenzweite in La Liga steht den genannten Gegnern in puncto Klasse um nichts nach.

"Druck liegt bei Sevilla"

Dennoch meint Salzburgs (verletzter) Abwehrchef Maximilian Wöber, dass die Andalusier mehr zu verlieren hätten. "Wir haben noch immer eine super Ausgangsposition, ein Remis reicht. Der Druck liegt eindeutig bei Sevilla." Dass die Bullen-Truppe zuletzt Nerven zeigte, in der Meisterschaft schwächelte und mit den Königsklassen-Pleiten in Wolfsburg und Lille zwei Matchbälle vergab, ändere laut Wöber nichts an der mentalen Ausgangslage. "Wir haben mannschaftsintern und in jedem Interview gesagt, dass wir von Spiel zu Spiel schauen. Die Erwartung, Salzburg muss diesen historischen Aufstieg schaffen, ist eher aus den Medien gekommen. Wir versuchen das Beste - und schauen dann einfach, was am Ende rauskommt."

Bei einer Niederlage könnte auch gar nichts mehr rauskommen - sprich: sogar der Europa-League-Umstieg verpasst werden. Vom Champions-League-Traum zum -Albtraum sozusagen.