Gerhard Milletich geht als Präsident mit der kürzesten, nicht-interimistischen Amtszeit in die Geschichte des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) ein. Was mit einer knappen Mehrheit im zweiten Wahlgang im Herbst 2021 begann, endete am Dienstag nach monatelanger Unruhe. Milletich zog damit die Konsequenzen aus Vorwürfen, er habe das Ehrenamt beim größten Sportverband des Landes zur "Inseratenkeilerei" für sein Unternehmen ausgenutzt.

In einer ÖFB-Mitteilung sagte Milletich unter anderem: "Aufgrund der massiven medialen Negativ-Kampagne und der internen Angriffe gegen meine Person sehe ich mich veranlasst, meine Funktion als Präsident des ÖFB mit sofortiger Wirkung zurückzulegen. Dieser Rückzug erfolgt zum Schutz meines privaten und geschäftlichen Umfelds und soll weiteren Schaden vom ÖFB abwenden." Durch "die persönlichen Angriffe einiger Präsidiumsmitglieder" habe auch "das Ansehen des ÖFB in der Öffentlichkeit" gelitten. Milletich beteuert freilich weiterhin, sein Ehrenamt nie missbraucht zu haben. Aber: "Im Nachhinein betrachtet, hätte ich aus heutiger Sicht manche Kommunikation ein wenig anders geführt."

Nicht einmal 16 Monate währte damit die Amtszeit des 66-jährigen Burgenländers, der im Vorjahr zunächst zwei Erfolge verbuchen konnte. Sportlich punktete Milletich mit der Verpflichtung von Ralf Rangnick als Teamchef im April 2022. Kurz vor Jahreswechsel brachte er mit dem Beschluss zum Bau eines Trainingszentrums in Wien-Aspern auch ein großes Infrastruktur-Projekt auf Schiene. Doch die Entscheidung am 16. Dezember 2022 stand längst im Schatten einer Diskussion, die vor Gericht führte und das Ethikkomitee der Fußball-Bundesliga beschäftigte.

Im vergangenen Oktober erhoben zunächst das Wochenmagazin "News" und danach die Tageszeitung "Kurier" Vorwürfe, Milletich würde sein Amt nutzen, um bei ÖFB-Partnern Inserate für sein Unternehmen zu lukrieren. Der Burgenländer, im Brotberuf Geschäftsführer des Bohmann-Verlags, soll im Zuge von Vorstellrunden mit Sponsoren des Verbandes um Einschaltungen in seinen Magazinen geworben haben. Laut Milletich habe er mit den genannten Unternehmen bereits vor seiner Amtszeit und teils schon Jahrzehnte Geschäftsbeziehungen gehabt. "Es ist mein Beruf, Inserate zu verkaufen", sagte er damals zum "Kurier".

Milletich kündigte eine Klage gegen die Zeitung an, die Vorwürfe konnte er aber nicht ausreichend entkräften. Die Landes-Verbandschefs Gerhard Götschhofer (Oberösterreich), Josef Geisler (Tirol) und Herbert Hübel (Salzburg) outeten sich als bekennende Gegner des Burgenländers, Sportminister Werner Kogler (Grüne) empfahl – nach entsprechenden medialen Forderungen – die Einsetzung einer objektiven Kommission. Die erfolgte am 8. Dezember. Bei einer außerordentlichen Präsidiumssitzung wurde das Ethikkomitee der Bundesliga unter Vorsitz des pensionierten Richters Wolfgang Pöschl mit großer Mehrheit mit der Klärung der Causa betraut.

Milletich ging nach wochenlangem Zögern schließlich vor Gericht, scheiterte aber erstinstanzlich am 16. Jänner mit seinem Antrag auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung im "Kurier" und zog daraufhin eine weitere Klage am Folgetag zurück. Götschhofer, auch ÖFB-Vizepräsident, erklärte als Zeuge vor Gericht, er habe mit vier Sponsoren des ÖFB gesprochen, mit denen Milletich zwecks Inseratenschaltungen Kontakt aufgenommen habe. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass vor Milletichs Funktion als ÖFB-Präsident kein geschäftlicher Kontakt bestanden habe. "Sie waren irritiert und verwundert über diese Bitten wegen Inseraten", schilderte Götschhofer.

Immer mehr Landeschefs gingen danach auf Distanz. "Wir brauchen im ÖFB-Präsidium Ruhe. Je schneller eine Entscheidung getroffen wird, desto besser", sagte etwa der Steirer Wolfgang Bartosch. Am Dienstag gab Milletich schließlich dem Druck nach und kündigte noch vor dem Abschlussbericht der Ethikkommission, der offenbar unmittelbar bevorstand, seinen Rücktritt an.

Milletich hinterlässt einen gespaltenen Verband mit Imageschaden. Schon bei der Kür Milletichs, der gegen Roland Schmid einen zweiten Wahlgang benötigte, offenbarte sich ein tiefer Graben, der das ÖFB-Präsidium durchzieht. Danach kehrte nie wirklich Ruhe ein – im Gegenteil. Die Vorwürfe wegen Missachtung von Compliance-Regeln durch den obersten Fußball-Vertreter ließen diesen nur noch tiefer werden. (apa)