In Linz beginnts, lautet ein bekannter Werbeslogan der Stahlstadt. Und dieses Motto trifft am Freitag auch auf Österreichs Fußball-Nationalmannschaft zu, die in Oberösterreichs Hauptstadt die Mission EM-Qualifikation in Angriff nimmt. Das Ziel liegt nur gut 60 Kilometer weiter nordwestlich und heißt Deutschland - Ausrichter der Euro 2024 im Juni nächsten Jahres. Um sich in Gruppe F eines der beiden Fixtickets zu sichern, braucht es in der neuen Raiffeisen-Arena am Froschberg wohl sechs Punkte - nach Aserbaidschan am Freitag (20.45 Uhr/Servus-TV) wartet am Montag (20.45 Uhr/ORF 1) Außenseiter Estland. Die Partien gegen die größten Aufstiegskonkurrenten folgen Mitte Juni, wenn es zuerst nach Belgien geht und hernach Schweden in Wien empfangen wird.
Trotz aller Anspannung vor dem so wichtigen Auftakt gab es auch einen Schuss Lockerheit - samt einer feinen Note Selbstironie: So präsentierte Teamchef Ralf Rangnick am Freitag gemeinsam mit den rot-weiß-roten Popkapazundern Christopher Seiler und Paul Pizzera einen eigenen ÖFB-Song für die EM-Qualifikation. Der Titel markiert dabei eine der dunkelsten Stunden in der heimischen Fußballhistorie, jene der 0:9-Niederlage 1999 gegen Spanien in der damaligen EM-Qualifikation: "hoch gwimmas (n)imma". Der legendäre Sager war bekanntlich Abwehrrecke Toni Pfeffer in der Pause ausgekommen. In den beiden Linz-Partien könnte das Motto nun wieder gelten - ohne dem "N" freilich.
Dafür verlangt der Deutsche, seit gut zehn Monaten in Amt und Würden, von ihm altbekannte Tugenden - die nun allerdings erstmals in einem Pflichtspiel nötig sind, bei dem die ÖFB-Auswahl nicht in der Außenseiterrolle ist. "Wir haben zum ersten Mal zwei Spiele vor der Brust, in denen wir als Favorit ins Spiel gehen", so Rangnick. "Wir müssen zeigen, dass wir auch in solchen Spielen in der Lage sind, ein Spiel zu dominieren, zu kontrollieren und auch in eigenem Ballbesitz richtig Druck zu machen auf den Gegner." Diesen nächsten Schritt müsse das Team nun machen. "Und ich bin überzeugt, den können wir auch machen." Die gut 17.000 Fans im annähernd ausverkauften LASK-Stadion können sich also auf aggressives Pressing und Offensivkombinationen in hohem Tempo einstellen, denn nur so wird der erwartete Abwehrriegel der Aseris zu knacken sein.
Sabitzer Kapitän
Gelingen muss das aber ohne David Alaba: Der Real-Madrid-Profi hat nach einem Monat Pause wegen einer Oberschenkelverletzung erst am Mittwoch sein erstes Mannschaftstraining absolviert. "Er macht Fortschritte, überraschend schnelle und gute Fortschritte", sagte Rangnick. "Trotzdem wissen wir, bei so einer Muskelverletzung muss man vorsichtig sein." Er glaube daher nicht, dass Alaba schon gegen Aserbaidschan ein Thema sei - auch nicht auf der Bank. "Aber wenn es so weitergeht, will ich nicht ausschließen, dass er vielleicht für Montag ein Thema ist."
Anstelle von Alaba wird Marcel Sabitzer die Österreicher als Kapitän aufs Feld führen. "Wir wissen unsere Marschroute. Wir wollen das Spiel unbedingt gewinnen und einen guten Start in die Euro-Quali haben", betonte der Manchester-United-Profi. Ein solcher ist dem ÖFB-Team in den vergangenen Jahren allerdings selten gelungen: In den jüngsten fünf Auftaktspielen der Qualifikationen für EM- oder WM-Turniere gab es nur einen Sieg - im September 2016 unter Marcel Koller in Georgien (2:1).
Mit Xaver Schlager und Marko Arnautovic fallen neben Alaba zwei weitere Stammkräfte verletzt aus. Dazu ist der als Rechtsverteidiger vorgesehene Stefan Posch wegen eines Magen-Darm-Virus fraglich. Der Bologna-Legionär nahm am Donnerstag bei der Abschlusseinheit in Linz zwar das Training auf, könnte in der Startformation aber von PSV Eindhovens Phillipp Mwene ersetzt werden. "Wir haben genug Qualität in der Mannschaft, um Ausfälle wegzustecken", meinte Rangnick. Das ÖFB-Tor wird Heinz Lindner hüten, darauf hat sich der Teamchef bereits festgelegt. "Er hat seine Sache, wenn er für uns gespielt hat, zuletzt gut gemacht."
Neben Mwene oder Posch dürften Kevin Danso, Gernot Trauner und Maximilian Wöber die ÖFB-Viererkette bilden. Im Mittelfeld sind Christoph Baumgartner, Konrad Laimer, Nicolas Seiwald und Sabitzer die bewährtesten verfügbaren Kräfte. Im Angriff haben Michael Gregoritsch und Karim Onisiwo die besten Karten. "Die Mannschaft hat bis jetzt gut gearbeitet, einen ganz guten Eindruck gemacht", lobte Rangnick nach drei Tagen Vorbereitung in Windischgarsten.
Der Gegner ist zwar aktuell nur die Nummer 121 der Fifa-Weltrangliste, hat zuletzt aber erstmals in der Verbandsgeschichte fünf Siege in Serie eingefahren. Mit Stammtorhüter Shahrudin Mahammadaliyev von Karabach Agdam haben aber auch die Aseris einen wichtigen Ausfall zu verkraften. "Wir wissen, was auf uns zukommt", sagte Rangnick. "Das ist eine spielstarke Mannschaft, die versucht auch bei eigenem Ballbesitz immer wieder Akzente zu setzen."(may)