Zum Auftakt der finalen Saisonphase der Fußball-Bundesliga scheint der Meisterkampf offen wie schon lange nicht zu sein. Red Bull Salzburg geht mit nur drei Punkten Vorsprung auf Sturm Graz in die zehn Runden der Meistergruppe. Die Steirer erwiesen sich für die Bullen-Elf zuletzt als unangenehmer Gegner und gewannen bei einem Remis zwei der drei bisherigen Duelle in dieser Spielzeit (Cup inklusive). Dennoch rechnet die klare Mehrheit der Coaches mit einem neuerlichen Titelgewinn des Serienmeisters.
Matthias Jaissle zeigte sich diesbezüglich teils optimistisch, teils vorsichtig. "Wir haben ja von Beginn an gesagt, dass wir uns in dieser Saison auf ein enges Rennen einstellen. Wir haben zwar im Grunddurchgang genau so viele Punkte geholt wie in der vergangenen Spielzeit - aber die Konkurrenz ist eben auch sehr gut unterwegs. Trotzdem gehen wir mit breiter Brust in die Meisterrunde", betonte der Salzburg-Betreuer vor dem Duell mit Außenseiter Klagenfurt.
Keine Prognose wollte Sturm-Coach Christian Ilzer abgeben. "Ich bin leider kein Hellseher. Wir konzentrieren uns nur auf Sturm Graz", meinte der Steirer. Dietmar Kühbauer, Trainer des drittplatzierten LASK, geht von der zehnten Meisterschaft in Folge für die Mozartstädter aus. "Auch wenn sie vor dem Start des Finaldurchgangs nur drei Punkte Vorsprung haben und Sturm daher eine Restchance hat, bleibt es für mich dabei: Salzburg spielt in einer eigenen Liga, über die zehn Spiele gesehen werden sie kaum zu schlagen sein", sagte der Burgenländer. Nur zwei Bundesliga-Trainer scheren aus und sehen am Ende die Blackys vorne - Hartberg-Coach Markus Schopp und Austria Lustenaus Trainer Markus Mader. "Heuer kann es richtig spannend werden. Sturm ist ein sehr ernst zu nehmender Gegner und Salzburg nicht so souverän wie früher. Ich glaube an Sturm Graz, das wäre einmal was anderes", meinte Mader.
Um die Titel-Sensation heuer zu schaffen - laut Ilzer wäre das Wort Wunder dafür sogar "fast schon ein zu kleines" - bedarf es für Sturm aber wohl gleich eines perfekten Auftakts. Allerdings wartet am Sonntag (17 Uhr) vor heimischem Publikum mit Rapid ein echtes Kaliber. "Wie erhofft haben wir uns eine Topausgangslage für das Saisonfinale erarbeitet", so Ilzer am Freitag. "Jetzt folgt der Zielsprint. Und es geht mit einem echten Knaller los."
Auch Zoran Barisic freute sich auf die letzten zehn Spiele. "Alle Spitzenmannschaften sind zum ersten Mal dabei, ohne den anderen nahetreten zu wollen", sagte Rapids Trainer. "Es ist jedes Spiel ein Finalspiel, es ist eng, wenn du erfolgreich sein willst, wirst du über Grenzen gehen müssen, um natürlich auch das Glück auf deine Seite zu bringen." Drei Punkte in Graz wären für die viertplatzierten Wiener "Big Points" im Europacup-Rennen, bei einer Niederlage wäre Sturm allerdings schon elf Punkte enteilt. Während Sturm gegen die nun folgenden Meistergruppen-Teilnehmer im Grunddurchgang 20 von 30 möglichen Punkten anschrieb, waren es im Fall von Grün-Weiß nur sieben. Mit Ausnahme von zwei Spielen - dem 1:1 in Salzburg und 1:2 beim LASK - sei immer mehr möglich gewesen, schlussfolgerte Barisic in der Länderspielpause. Auch gegen Sturm, als zuhause 1:2 nach Führung und auswärts zuletzt in der 92. Minute 0:1 verloren wurde.
Sturm muss auf Abwehrchef Gregory Wüthrich und Jakob Jantscher verzichten. William Böving trainiert mit der Mannschaft, ist aber noch kein Thema für den Matchkader. Selbiges gilt bei Rapid für Ferdy Druijf und Nicolas Kühn. Thorsten Schick und Martin Koscelnik sind fit - und bescheren Barisic ein Überangebot auf der rechten Flanke.
"Geht nur um Rapid-Spiel"
In Graz ist es mit allzu nobler Zurückhaltung vorbei - zumindest auf den Rängen. "Wir haben noch Großes vor", ließ die organisierte Fanszene wissen und lud zum Aufwärmen Sonntagmittag in die altehrwürdige Gruabn. "Historisches liegt in der Luft. Wir können es fühlen: In diesem Frühjahr ist alles drin." Die Sturm-Verantwortlichen vermeiden es hingegen weiter, Salzburg offiziell den Kampf anzusagen. Da sein, wenn der große Favorit patzt, bleibt die oberste Maxime. "Es ist schön, wenn wir die Fans zu Träumereien inspirieren können", sagte Ilzer, um zu betonen: "Es geht nicht um das Große und Ganze, es geht nur um das Rapid-Spiel am Sonntag."