Donezk. (man) Unterschiedlicher könnte die Ausgangslage vor dem Viertelfinale zwischen Spanien und Frankreich am Samstag (20.45 Uhr) in Donezk kaum sein. Titelverteidiger Spanien reist bestens gelaunt aus seinem polnischen Quartier nach Donezk, den östlichsten Spielort. Das illustriert auch folgende Ankündigung: Spaniens Kapitän Iker Casillas will im Fall eines Titelgewinns seinen leidenschaftlichen Kuss nach dem WM-Sieg 2010 vor laufender Kamera wiederholen. Diesmal will er aber nicht seine Freundin, eine Fernseh-Moderatorin, küssen, sondern deren Kollegen Jose Ramón de la Morena.

Zu derartigen Scherzen sind die Franzosen trotz der erstmals seit sechs Jahren überstandenen Gruppenphase nicht aufgelegt. Sie sind dabei, eine Kabinendiskussion nach der 0:2-Niederlage gegen Schweden, die drohte, sich zum Sturm auszuwachsen, in geordneten Bahnen zu behalten. Tatsächlich dürfte nichts passiert sein, was nach einer Niederlage in einem derart wichtigen Spiel besonderes ungewöhnlich wäre.

Doch die französischen Medien sind nach der von Streit geprägten und blamabel beendeten WM 2010 hypersensibilisiert und hellhörig für jedes Anzeichen von Zwietracht. Inzwischen haben sich Medien und Gemüter zwar wieder beruhigt. Doch auch abgesehen davon sind die Fragen, mit denen sich die Spanier beschäftigen, im Vergleich zu jenen der Franzosen Luxusprobleme.

Die Spanier sind leicht beunruhigt, da sie die Franzosen in einem Pflichtspiel bisher noch nie besiegen konnten. Bei sechs Versuchen setzte es fünf Niederlagen. Dennoch gehen die Welt- und Europameister als klare Favoriten in dieses Duell - und sind zuversichtlich, endlich den ersten Sieg landen zu können. "Diese Auswahl ist es gewohnt, Rekorde und Vorhersagen zu brechen", sagt Fernando Torres. Einzig Franck Ribéry verursacht den Spaniern leichtes Kopfzerbrechen. So mutmaßen spanische Medien, dass anstelle des bisher nicht restlos überzeugenden Álvaro Arbeloa Juanfran auf der rechten Abwehrseite verteidigen darf.

Bei den Franzosen soll es da schon größere Umstellungen geben. Für den gesperrten Philippe Mexès wird Laurent Koscielny in die Innenverteidigung rücken, was das Unbehagen der Franzosen vor der spanischen Angriffswelle nicht unbedingt senken dürfte. Samir Nasri, im Auftaktspiel gegen England noch gefeierter Torschütze, dürfte seinen Platz in der Startelf beim 0:2 gegen Schweden verspielt haben.

Für ihn wird der agile Jérémy Ménez beginnen. Zudem setzen die Franzosen auf die Außenseiterrolle. "Was kann besser sein, als einen Favoriten auszuschalten?", fragt Ribéry. Torres macht ihm aber nicht viel Hoffnung: "Spanien in Topform ist sehr schwer zu besiegen."