Zagreb. (art/apa) Die Entlassung erfolgte rund um Mitternacht, eines blauen Briefs bedurfte es erst gar nicht. Zwei Tore, die Österreichs Meister Austria Wien dem kroatischen Serienchampion Dinamo Zagreb im Play-off-Hinspiel zur Champions League eingeschenkt hatte, reichten völlig aus. Nach dem überraschenden 0:2 im Maksimir-Stadion, bei dem die Wiener insgesamt die bessere, vor allem taktisch reifere Leistung geboten und durch Treffer von Marin Leovac und Marko Stankovic gewonnen hatten, verkündete Klub-Chef Zdravko Mamic die sofortige Trennung von Trainer Krunoslav Jurcic; interimistische Nachfolger sind der bisherige Assistent Damir Krznar und Sportdirektor Zoran Mamic.
"Ich bin zutiefst überzeugt, dass Dinamo die bessere Mannschaft ist als die Austria. Wir werden nach Wien fahren und dort gewinnen", verkündete der Präsident. Doch nach der matten Vorstellung, bei der die Austria Dinamo in der ersten Hälfte entschärft und in der zweiten Hälfte auch spielerisch die Akzente gesetzt hatte, gibt es nicht mehr viele in seiner Heimat, die diese Meinung vor dem Rückspiel am kommenden Dienstag (20.45 Uhr) in der Generali Arena teilen. Der Aufstieg in die Gruppenphase sei nach derzeitigem Stand "so unrealistisch wie der Einzug ins Champions-League-Finale im Mai in Lissabon", urteilte die Zeitung "Jutarnji list". Zumindest was die Trainerentlassung betraf, waren sich die Redaktion und die Zagreber Klubführung einig. Austria-Trainer Nenad Bjelica habe "die Arbeit von Jurcic lächerlich gemacht", hieß es.
Der 42-jährige Bjelica, selbst Kroate und über Dinamo bestens informiert, war einer der großen Sieger dieses Duells, der zweite hieß Marin Leovac. Der 25-Jährige hatte die vergangene Saison unter Ex-Coach Peter Stöger kein Leiberl gehabt ("Das war eine Saison zum Vergessen für mich"), auch heuer hatte für ihn am etatmäßigen Linksverteidiger Markus Suttner kein Weg vorbei geführt. Doch nachdem dieser gegen Hafnarfjördur eine Gelbsperre ausgefasst hatte, vertraute Bjelica entgegen aller Skepsis auf Leovac: "Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir ihn bringen", meinte der Coach vor der Partie.
"Party beginnt frühestens am Dienstag, 22.35 Uhr"
Leovac, im heutigen Bosnien-Herzegowina geboren, kroatisch-österreichischer Doppelstaatsbürger und privat auch Dinamo-Fan, rechtfertigte das Vertrauen auf seine Weise: Er kam, sah - und traf. Sein Tor in der 68. Minute, dem Marko Stankovic sieben Minuten später das 2:0 folgen ließ, war sein erster Pflichtspieltreffer überhaupt im Dress der Austria. "Ich hätte mir keinen besseren Zeitpunkt und keinen besseren Ort aussuchen können. Es ist schon ein kleines Fußball-Märchen. Dieser Abend war einfach nur geil, unbeschreiblich", meinte der Verteidiger, der auch sonst eine untadelige Vorstellung abgeliefert hatte. "Uns ist ein gutes Ergebnis gelungen, aber wir haben noch harte 90 Minuten vor uns."
Vor übertriebener Euphorie warnte auch Bjelica: "Wir müssen sehr, sehr bescheiden bleiben. Die Party beginnt frühestens am Dienstag um 22.35 Uhr." Davor wartet am Samstag (19 Uhr) noch das Bundesliga-Spiel beim WAC, dem Ex-Klub des Trainers. Leovac wird dabei voraussichtlich wieder in die zweite Reihe zurückkehren und Suttner Platz machen müssen. Sein großer Auftritt liegt vorerst hinter ihm.