München. Nach dem schweren Halbfinal-K.o. in der Fußball-Champions-League gegen Real Madrid haben die entthronten Bayern-Stars am Dienstag spürbar um Fassung gerungen. "Wir müssen jetzt die Nerven behalten", mahnte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge nach dem 0:4, der höchsten Heimniederlage des FC Bayern überhaupt in der Königsklasse.

Arjen Robben fand für das Debakel drastische Worte. "Heute haben wir auf die Fresse bekommen", sagte der Niederländer und forderte: "Akzeptieren, weinen, nach Hause gehen und weitermachen. Wir müssen den Kopf hochnehmen, wir haben noch ein Pokalfinale."

Nun geht es um den Cup
Das Duell mit Borussia Dortmund um den Cuptitel zum Saisonabschluss am 17. Mai in Berlin muss nun darüber befinden, wie gut das erste Jahr unter Trainer Josep Guardiola ausfällt. Nach der Meisterschaft ist für die Bayern noch das Double drin. "Auf dem Pokalfinale liegt jetzt der Fokus", kündigte Guardiola an, der die Schuld für den Untergang des europäischen Champions auf seine Schultern lud. "Es war ein Riesenfehler des Trainers", sagte der 43-Jährige nach seiner höchsten Niederlage als Coach.

Guardiola kreidete sich eine falsche taktische Marschroute und wohl auch eine unglückliche Personalauswahl an. Er hatte sein geliebtes Mittelfeld ausgedünnt, um im Angriff personell präsenter zu sein. "Der Grund, warum wir verloren haben, ist, wir hatten keinen Ballbesitz", sagte der Katalane. "Wenn du gegen diese tollen Spieler von Real keine Spielkontrolle hast, hast du keine Chance."

Schwäche bei Standards
Philipp Lahm warnte jedoch davor, nach dem Aus alles infrage zu stellen. "Jetzt wieder alles schlecht zu sehen, was wir in den letzten Wochen und Monaten getan haben - da mache ich nicht mit", erklärte der Kapitän.

Lahm und seine Kollegen scheiterten unter anderem an ihrer am Dienstag zutage getretenen Schwäche bei Standard-Situationen, als sie von Sergio Ramos zwei Tore in vier Minuten kassierten. "Dann stehst du erstmal da und schaust dich blöd an, was ist hier los?", schilderte Thomas Müller den Moment nach dem Doppelschlag.

Wie beim "Finale dahoam" vor zwei Jahren waren auch bei der nächsten ganz besonders schmerzhaften Heimniederlage der Königsklasse wieder die Standardsituationen bitter für Bayern. Im Mai 2012 köpfelte Didier Drogba den einzigen Chelsea-Corner - bei 20 Eckbällen der Münchner - zum 1:1 ein und erzwang die Verlängerung. Es folgte das tränenreiche Ende im Elfmeterschießen.

Am Dienstag sorgte nicht die von Guardiola immer wieder angepriesene weltbeste Konterstärke Reals für die Entscheidung, sondern zwei Kopfballtore nach Ecke und Freistoß gegen eine raum-statt manndeckende Verteidigung. "Dieses Raumstehen ist mir zu lasch", ärgerte sich Sky-Experte Franz Beckenbauer. Ihm sei eine klare Zuordnung lieber.

Auf eine abendfüllende Taktikdiskussion über Raum- oder Manndeckung bei Standards mochte sich Sportvorstand Matthias Sammer nicht einlassen. "Man kann auch in der Raumdeckung mannorientiert agieren und blocken", erklärte Sammer, "und dementsprechend kann man beides gut oder nicht so gut machen."

Diplomatisch äußerte sich der Sportvorstand auch im Zusammenhang mit der nicht geahndeten Tätlichkeit von Franck Ribery gegen Daniel Carvajal - die Ohrfeige des Franzosen gegen den Spanier könnte noch ein Nachspiel bei der UEFA haben. "Das ist sicherlich etwas unnötig", befand Sammer, ohne die Tätlichkeit zu bestätigen. Man dürfe jetzt nicht "Carvajal als den Superbuben" darstellen. "Wir sind auf einer hohen Ärgernisstufe zu dem Zeitpunkt", versuchte Sammer zu beschwichtigen.