Alejandro Bedoya (USA) im Zweikampf mit Ghanas Kwadwo Asamoah beim 2:1-Sieg. Der Profi mit kolumbianischen Wurzeln hat es zum Stammspieler in der Auswahl der Yanks gebracht. - © ap/Josek
Alejandro Bedoya (USA) im Zweikampf mit Ghanas Kwadwo Asamoah beim 2:1-Sieg. Der Profi mit kolumbianischen Wurzeln hat es zum Stammspieler in der Auswahl der Yanks gebracht. - © ap/Josek

Rio de Janeiro. Nicht Argentinien, nicht Kolumbien, sondern die USA stellen die meisten Ticketkäufer bei dieser WM außerhalb Brasiliens. Mit exakt 198.208 in den USA eingekauften Eintrittskarten überragen die US-Fans die Schlachtenbummler aus den Nachbarländern Argentinien (61.021) und Kolumbien (55.497) deutlich.

Die USA - eine Fußballnation? Ja, denn vor allem die aus Lateinamerika stammenden Einwanderer haben sich über das Ticketportal der Fifa bedient und so Karten für die Spiele ihrer ursprünglichen Heimat, aber auch der Mannschaft von Jürgen Klinsmann erstanden. Deren Spieler wie DeAndre Yedlin, Omar González oder Alejandro Bedoya stehen für die Nachfahren der Millionen Migranten aus dem Süden des Kontinents, die allesamt fußballbegeistert sind.

Gewaltiger Wirtschaftsfaktor


Wer am Montagabend die Partie zwischen Ghana und den USA auf der Fanmeile in Rio de Janeiro verfolgte, hörte ein "USA, USA" aus vielen tausend Kehlen, und das ist auch für die Brasilianer eine neue Erfahrung. Das brasilianische Fernsehen widmete der Begeisterung für den Fußball sogar eine eigene Reportage. US-Fans, die eine Fußball-WM in Lateinamerika rocken? Ja, die gibt’s und sie sind ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor geworden.

Mittel- und langfristig könnten die aktuellen Entwicklungen in den USA auch die Weltkarte des Fußballs verändern. Als vor gut einem Jahr erboste brasilianische Journalisten enttäuscht wissen wollten, warum Neymar noch nicht zur engeren Wahl des Weltfußballers des Jahres nominiert worden sei, erklärte Fifa-Präsident Joseph Blatter, die Benchmark des Fußballs sei eben immer noch Europa und seine Champions League. Die scheint aber an der Grenze ihrer Entwicklung angekommen. Immer die gleichen Mannschaften aus Madrid, Barcelona, Manchester, London, München, Paris und Mailand, die den Lauf der Dinge bestimmen. Überraschungen Mangelware. Es gibt kaum Expansionsmöglichkeiten. Zwar sind Real, Barça und Bayern längst Weltmarken, aber greifbar sind sie eigentlich nur in Europa. Dabei ist der Hunger und damit auch das Vermarktungspotenzial nicht nur in Asien, sondern auch im wirtschaftlich aufstrebenden Lateinamerika und den USA riesengroß.

Der US-Markt verspricht in einigen Jahren ein interessanter Wachstumsmarkt zu werden. David Beckham plant gerade in Miami ein Mega-Stadion, und auch in New York haben sie Großes vor. Mit der Basis einer sich verändernden Bevölkerung, die nun deutlich fußballaffiner ist als noch vor ein paar Jahrzehnten, könnte es diesmal klappen, mit einer breiten Verankerung der Major League Soccer. Doch den US-amerikanischen Vermarktungsprofis wird eine nationale Liga, die sich nicht mit der Champions League messen kann, irgendwann einmal zu langweilig werden.

Wer den Faden weiter spinnt und die Machtspiele zwischen Fifa und Uefa kennt, könnte auch noch auf weitere Planspiele kommen. Eine neue globale Klubliga mit Spielen in den nagelneuen Superstadien in Rio de Janeiro, São Paulo, Miami und New York könnte irgendwann einmal die Champions League ablösen.

Mit ihrem Rotationsprinzip hat die Fifa in den vergangenen Jahrzehnten in Südafrika, Südkorea, Japan und Brasilien neue Superstadien geschaffen, die dafür wie gemacht werden. Und interessierte Oligarchen, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld, gibt es bekanntlich auch in Russland, dem nächsten Land mit einer neuen Stadiongeneration.

Bayern mit Büro im Big Apple


Es wäre dann eine Art NFL des Fußballs, dann allerdings unter dem Dach des Weltverbandes und nicht der Uefa. Dann gibt es Spiele zwischen Miami und Moskau, Madrid und São Paulo, München und New York. Europäische Fans werden sich in Gedanken daran erst einmal schütteln, doch wie sagte Formel-1-Boss Bernie Ecclestone jüngst: "Die Europäer haben noch gar nicht gemerkt, dass sie irgendwann nicht mehr die erste Geige spielen werden."

Dass der US-Markt eine vielversprechende Zukunft hat, daran glauben auch die Verantwortlichen des FC Bayern München. Sie haben jüngst ein Büro in New York gegründet. Von dort aus soll der Markt erst sondiert und dann erobert werden.

Gleich zum Auftakt der neuen Saison stellen sich die Bayern in den USA vor. Wenn es aus deutscher Sicht optimal läuft, dann sogar mit einer Handvoll Weltmeister. Man will sich schließlich von seiner besten Seite zeigen.