Recife/Brasília. (rel) Wer die Befürchtung gehegt hatte, dass sich die USA und Deutschland mit einem peinlichen Ballgeschiebe à la Gijon 1982 und einem Remis ins Achtelfinale mogeln würden, der musste beim 1:0-Sieg der DFB-Auswahl am Donnerstagabend zugeben: Ein Nichtangriffspakt sieht anders aus. Auch wenn das zweitplatzierte Team von US-Coach Jürgen Klinsmann vom 2:1 Portugals über Ghana und der besseren Tordifferenz profitierte, so boten die Amerikaner vor rund 43.000 Zuschauern in Recife eine zufriedenstellende Vorstellung. Zwar hatte die Truppe von Joachim Löw mehr vom Spiel, allerdings agierte sie aber zunächet nicht mit letztem Nachdruck und kam daher nur zu Halbchancen. So verpasste etwa Thomas Müller Querpässe von Lukas Podolski und Jérôme Boateng knapp, auch gingen Schüsse von Toni Kroos und Mesut Özil genau auf US-Torhüter Tim Howard. Schwächer als erwartet präsentierten sich auch die USA und machten vor der Pause nur durch einen Weitschuss von Graham Zusi über die Querlatte auf sich aufmerksam.

Nach dem Seitenwechsel legten aber die Deutschen für kurze Zeit einen Gang zu, und prompt fiel auch der entscheidende Treffer. Nach einem Eckball konnte Howard einen Kopfball von Benedikt Höwedes nur kurz abwehren, den abspringenden Ball versenkte Müller von der Strafraumgrenze im langen Eck. Es war das neunte Tor von Müller in seinem neunten WM-Spiel, das vierte beim Turnier in Brasilien. Danach herrschte Fadesse - Deutschland war vor allem bemüht, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, die Amerikaner setzten ganz offensichtlich alles auf ein passendes Resultat im Parallelspiel zwischen Portugal und Ghana. Dass Portugal in Brasília mit einem Tor vorne lag, habe man "schon genau gewusst", gestand US-Co-Trainer Andi Herzog nach dem Spielende. Weswegen man auch darauf verzichtete, alles für den möglichen Ausgleich zu riskieren. Lediglich in der 93. Minute wurde es nochmals bei einem Kopfball von Clint Dempsey gefährlich. Allein Herzog zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden: "Das war die schönste Niederlage meiner Karriere, die nehme ich gern in Kauf", sagte er zum ORF.

Einer, der sich an dem Abend ebenfalls freuen durfte, war Goalgetter Thomas Müller, der bereits bei der Gala gegen die Portugiesen am 16. Juni drei Mal erfolgreich genetzt hatte. "Jetzt habe ich tatsächlich mal ein schönes Tor geschossen. Ab und zu fällt mir auch mal einer vor den Fuß. Aber ich mache ja nix anderes als trainieren wie ein Wahnsinniger", sagte Müller nach dem Spiel und sprach von einem "Geduldsspiel" gegen die Amerikaner. "Wir haben zwar nur 1:0 gewonnen. Das nehme ich aber gerne mit." Mit jetzt neun Toren bei Weltmeisterschaften ließ der WM-Torschützenkönig von 2010 den ehemaligen Teamchef Rudi Völler hinter sich und zog mit Karl-Heinz Rummenigge und Uwe Seeler gleich.

Eine Chance, seine Trefferquote noch zu erhöhen, hat der Deutsche am kommenden Montag, wo Deutschland in Porto Alegre auf Algerien trifft. Die USA wiederum bekommen es am Dienstag in Salvador mit Belgien zu tun.

Ghana hat Pech mit Eigentor, Cristiano Ronaldo trifft

Den Aufstieg ins Achtelfinale verpasst haben hingegen Portugal und Ghana. Dafür lieferten beide Teams in Brasília ein packendes Match mit zahlreichen hochkarätigen Chancen ab. Speziell Ghana war mit riesigen Erwartungen in dieses Turnier gestartet. Dementsprechend groß war auch die Enttäuschung nach den beiden Auftaktpartien gegen die USA (1:2) und Deutschland (2:2). Die Nerven bei den Westafrikanern lagen blank. Das Vorgeplänkel zur Partie gegen die Portugiesen war von kuriosen Prämienstreitigkeiten und der Suspendierung von Kevin Boateng und Sulley Muntari aus disziplinären Gründen geprägt.

Die Startphase der Partie stand daher ganz im Zeichen von Cristiano Ronaldo. Eine Flanke des Portugiesen von der rechten Seite klatschte an die Latte, bei einem Freistoß aus 20 Metern und einem Kopfball aus kurzer Distanz parierte Ghanas Schlussmann Fatawu Dauda. Allein für die Führung benötigte Portugal Schützenhilfe. Eine Hereingabe von Miguel Veloso von der linken Seite wurde vom Knie des ghanaischen Verteidigers John Boye in hohem Bogen ins Tor befördert. Das Match Ronaldo gegen Dauda ging aber weiter, nur behielt Ghanas Schlussmann die Oberhand. Gefahr lauerte vielmehr aus den eigenen Reihen, zumal John Boye kurz vor der Pause beinahe Eigentor Nummer zwei fabriziert hätte.

Mit der Nachricht von Deutschlands 1:0-Führung gegen die USA kam dann nach knapp einer Stunde richtig Leben ins Spiel. Ghana setzte zu einem Zwischensprint an und glich in der 57. Minute zum 1:1 aus. Nach perfekter Flanke von Asamoah von der linken Seite mit dem Außenrist köpfelte Kapitän Gyan ein. Plötzlich war Ghana wieder im Rennen. Ghanas Sturmlauf blieb unbelohnt, stattdessen trafen die schwächelnden Portugiesen. Ghana-Goalie Dauda klatschte den Ball nach einer Bogenlampe genau vor die Füße von Ronaldo und dieser traf flach zum 2:1. Am Aus Portugals konnte dieses Tor nichts ändern. Der lachende Zweite heißt Amerika.