Zürich/Doha. (rel) Im Wüstenemirat Katar rauchen die Köpfe - und zwar aus Unmut. Nicht etwa weil das heimische Frauen-Basketballteam wegen eines seit längerem schwelenden Kopftuchstreites mit dem Weltverband die Heimreise von den Asienspielen in Südkorea angetreten hat. Es sind der Fußball, allen voran die Fußball-WM 2022 im eigenen Land, die nach wie vor im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe sowie die Rolle der kritischen (deutschen) Fifa-Vertreter, die den Scheichs derzeit Kopfzerbrechen bereiten.

Den Anfang hat der CDU-Politiker und Jurist Theo Zwanziger, der als Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee sitzt, gemacht, indem er die Vergabe der WM nach Katar in einem Interview mit der "Sport Bild" kritisiert hatte. "Persönlich glaube ich nicht, dass die Fußballweltmeisterschaft 2022 am Ende in Katar stattfinden wird", meinte er und führte als Begründung die Hitze und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken für Fans und Spieler ins Treffen. In dieselbe Kerbe schlug auch der frühere Fifa-Funktionär Franz Beckenbauer, der in einem Interview öffentlich bekannte: "Klar ist, im Sommer kannst du da nicht spielen." Und geht es nach den meisten europäischen Ligen, kommt auch eine Verlegung der WM in die Wintermonate wegen der laufenden Saison nicht infrage. So hat sich bereits die große englische Premier League gegen jede Terminverschiebung ausgesprochen.

WM steht und fällt mit dem Korruptionsbericht

Nun ist aber das heiße Wetter nicht das einzige Problem für die Kataris, droht doch den Veranstaltern mit der möglichen Veröffentlichung des Korruptionsberichtes der Fifa-Ethikkommission zu den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 neues Ungemach. Nachdem sich neben Chefermittler Michael Garcia auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach für eine Publizierung des 340-seitigen Berichtes starkgemacht hat ("Damit endlich die ganzen Spekulationen und Mutmaßungen beendet werden"), sprach sich nun ein weiterer Deutscher, der Chef der Fifa-Ethikkommission, Hans-Joachim Eckert, für eine Veröffentlichung des brisanten Textes aus. "Ich halte es für vertretbar, wenn die Öffentlichkeit über einen Anklagesatz informiert würde", erklärte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". So geschehe es ja auch in der staatlichen Strafjustiz. "Hier werden die Beschuldigten und die ihnen zur Last gelegten Verstöße aufgeführt", sagte Eckert, wies aber darauf hin, dass für einen solchen Schritt eine Änderung der Ethikregeln nötig sei, welche aber nur das Exekutivkomitee vornehmen könne.

In Katar zeigen sich die Organisatoren trotz der Debatten optimistisch: "Katar wird diese WM austragen. Die Frage ist nicht ob, sondern nur wann", sagte der Geschäftsführer des Organisationskomitees, Nasser al-Khatar. Man sei als Gastgeber für alle Fälle gerüstet. "Winter oder Sommer. Wir sind bereit. Unsere Stadien werden schon 2020 komplett fertig sein." Auf die Kritik Zwanzigers reagierte der Katari gelassen. Bereits jetzt seien die Testläufe für die klimatisierten Arenen positiv verlaufen. Bei einem Test für ein Public Viewing in Doha während der WM im Juni in Brasilien betrug die heruntergekühlte Temperatur 22 Grad Celsius.

Daran, dass das Turnier wegen der im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe Katar doch noch entzogen werden könnte, denkt hier niemand. Al-Khaters rechte Hand, Generalsekretär Hassan al-Thawadi, hatte die Vorwürfe zuletzt als haltlos bezeichnet. "Ich weiß, was wir getan, warum wir gewonnen haben", sagte er vor wenigen Tagen. "Es war nun einmal so: Wir waren der beste Bewerber."