Bremen. (art) Grün ist die Hoffnung, und irgendwie kann man das von beiden Seiten betrachten. Die Grünen von Werder Bremen hoffen, in der letzten Runde der deutschen Bundesliga vor der Weihnachtspause am Samstag doch noch vom letzten Platz wegzukommen, und wenn die Spieler von Borussia Dortmund beim Gegner Grün sehen, darf auch bei ihnen wieder so etwas wie Hoffnung aufkommen. Denn Werder war zuletzt kein Gegner, vor dem es sich zu fürchten lohnte.
Zuletzt gab’s für die Bremer ein 1:4 gegen Mönchengladbach und daraufhin eine öffentliche Selbstzerfleischung. Mittendrin statt nur dabei: Österreichs Teamspieler Zlatko Junuzovic, der mit seinem Freistoßtor noch eine der wenigen positiven Erscheinungen war, sich danach aber über die Schönrederei im Verein beklagte und prompt eine öffentliche Zurechtweisung von Sportdirektor Michael Zorc erhielt. "Das schöne Gerede geht mir langsam auf den Sack. Wir spielen teilweise einfach schlecht. Was bleibt, sind das nackte Ergebnis und die Tabellensituation. Respekt vor den Fans. Die haben auch noch geklatscht. Ich hätte sicher nicht geklatscht. Ich hoffe, dass wir uns jetzt zerreißen und nicht nur hinterhertrotten. Jeder ist in der Verantwortung. Wir haben uns die Scheiße schließlich auch eingebrockt", hatte Junuovic gesagt - und damit, wenn auch unter Beihilfe eines Fäkalausdrucks, als einer der wenigen Klartext geredet.
Borussia tief gefallen
Zur Freude von Zorc war dies nicht; sein Konter folgte auf den Fuß: Die Spieler sollten nach so einem Spiel "nicht so schnell so viel erzählen", meinte er. Und: "Keiner redet irgendetwas schön. Das ist Unsinn." Wenn Kellerasseln über ein Nervenkostüm verfügen, dann offenbar über kein sehr rissfestes.
Tatsache ist, dass die Werder-Welt, in der der Fußball quasi als Familienbetrieb gesehen wird, so heil schon lange nicht mehr. Und nun steckt der einstige Vorzeigeklub an der Weser, der in einer fernen Vergangenheit mit erfrischendem Fußball auch international begeisterte, tief im Abstiegskampf, auch wenn Zorc das nicht so sehen will. "Der scheiß 18. Tabellenplatz" interessiere ihn nicht, entscheidend sei das Punktekonto. Dort steht Werder zwar mit 14 Zählern und 38 Gegentoren aus 16 Partien so schlecht wie seit 40 Jahren nicht mehr da; entscheidend sei aber die Konstellation in der Tabelle. Denn auf den 15. Platz, der den Klassenerhalt garantieren würde und den momentan Stuttgart hält, fehlen derzeit nur zwei Punkte, auf den Tabellen-16. nur einer.
Da passt es nur gut, dass genau dieser am Samstag zu Gast ist. Dass er Borussia Dortmund heißt, ist hingegen etwas, das zu Saisonbeginn keiner erwartet hätte. Meister 2011 und 2012, Champions-League-Finalist 2013: Vielleicht fühlten sich die Schwarz-Gelben, die nebenbei noch erfolgreich mit dem Schuldenabbau beschäftigt waren, zu lange Zeit zu sicher. Doch die Abgänge der vergangenen Saisonen, unter anderem mit Mario Götze und Robert Lewandowski, waren eben doch nicht so leicht zu verkraften wie in der Wohlfühloase des Signal-Iduna-Parks gedacht. Heuer kam der Verein, der den Aufstieg ins Champions-League-Achtelfinale souverän gemeistert hat, in der Bundesliga überhaupt nicht in Schwung; ein 2:2 gegen Wolfsburg wurde zuletzt schon als Befreiungsschlag gewertet, zumal Ciro Immobile mit einem Tor und einem Assist eine seiner besten Leistungen im Borussia-Trikot ablieferte.
"Heute gibt es gute Nachrichten aus Dortmund. Wir leben noch, wir können noch Fußball spielen und haben das Kämpfen nicht verlernt", hatte Trainer Jürgen Klopp, der das Sonnyboy-Image vergangener Tage zuletzt auch nicht mehr erfüllen konnte und öffentlich schon in Frage gestellt wurde, unmittelbar nach dem Remis noch gemeint - nur um wenige Tage später durch das Bekanntwerden der Schwarzfahrten von Marco Reus von der nächsten Negativnachricht ereilt zu werden. Dass der Verein dessen Fehltritte als Jugenddummheit abtat, wurde weithin als ungeschickt kritisiert.
Nein, es war nicht der Herbst der beiden Vereine, die sich am Samstag zum letzten Mal in diesem Jahr treffen. Doch dass das nächste nur besser werden kann, ist damit noch nicht gesagt.