Zürich. (may) Der Korruptionsskandal im Weltfußballverband versetzt auch dessen Top-Sponsoren - allesamt global agierende Marken - in höchste Nervosität. Schließlich droht das desaströse Image der Fifa auch auf jenes der Sponsoren überzugreifen und somit direkt Einfluss auf die Geschäftsentwicklung zu nehmen. Einige der Sponsoren haben nun den Druck auf die Fifa noch einmal verstärkt - sie drohen sogar indirekt mit Ausstieg. Das Kreditkartenunternehmen Visa etwa mahnte "rasche und sofortige Maßnahmen" ein, um die Probleme innerhalb der Fifa zu beheben. "Sollte die Fifa dies nicht tun, haben wir sie informiert, dass wir unser Sponsoring neu bewerten würden", teilte das Unternehmen in einer Stellungnahme mit.

Auch der südkoreanische Automobilhersteller Hyundai betonte in einer Mitteilung, dass man die Lage genau beobachten wolle. "Als Unternehmen, für das ethische Normen und Transparenz den höchsten Stellenwert besitzen, sind wir extrem besorgt über die eingeleiteten rechtlichen Schritte gegen bestimmte Fifa-Führungskräfte."

Der Getränkemulti Coca Cola wiederum erklärte, dass die Anklagen "die Mission und Ideale der Fifa-Fußball-WM trüben und dass wir wiederholt unsere Bedenken betreffend dieser schweren Anschuldigungen ausgedrückt haben".

Proteste schon wegen Katar


Visa, Hyundai (zusammen mit Schwesterfirma Kia Motors) und Coca Cola zählen neben Adidas und Gazprom zu den ständigen Marketingpartnern der Fifa. Während sich letztgenannter Gasriese bisher nie kritisch zu den Machenschaften im Weltfußballverband geäußert hat und vielmehr als russisches Finanzvehikel für die WM 2018 gilt, haben sich die amerikanischen Großkonzerne Visa und Coca Cola als Speerspitze der Sponsoren-Kritiker etabliert. Schon lange vor Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen Fußball-Spitzenfunktionäre hatten Coca Cola und Visa die Fifa aufgefordert, sich entschiedener gegen Menschenrechtsverstöße im WM-2022-Gastgeberland Katar einzusetzen.

Bereits Ende vergangenen Jahres sind der Fifa zwei ihrer ständigen Großsponsoren abhanden gekommen, allerdings weniger aus moralischen Gründen: Der angeschlagene Elektronikriese Sony hat sein Engagement nach acht Jahren aus wirtschaftlichen Gründen auslaufen lassen; auch der Ausstieg der Fluggesellschaft Emirates dürfte wohl weniger mit den nie enden wollenden Korruptionsvorwürfen zu tun gehabt haben, wiewohl sich diese schon im Mai 2011 kritisch zu Wort gemeldet hat: "Emirates ist wie alle Fußball-Fans in der Welt enttäuscht über die Vorfälle, die um die Führung des Sports kreisen."

Allerdings haben sich bereits zwei andere Großkonzerne angedient, um in den einst begehrten Zirkel der Fifa-Sponsoren aufgenommen zu werden: der Elektronikriese Samsung sowie die Qatar Airways. Dass es in beiden Fällen noch zu keinem Abschluss gekommen ist, könnte freilich auch an der angespannten Lage im Fifa-Hauptquartier in Zürich liegen. Außerdem gibt es gegen die Fluggesellschaft aus dem umstrittenen WM-Gastgeberland Katar massive Bedenken: "Sich in dieser Situation noch mehr in Abhängigkeit zu Katar zu begeben, finde ich ungeschickt", betonte der frühere Antikorruptionsberater der Fifa, Mark Pieth, vor einigen Wochen.

Faktum ist, dass die Fifa ihr Sponsoren-Portfolio halten beziehungsweise ausbauen will. Sowohl bei den ständigen "Fifa-Partnern" (derzeit fünf) als auch bei den "Sponsoren Fifa-WM" (derzeit acht) sollen künftig je sechs bis acht Unternehmen als millionenschwere Förderer vertreten sein. Dass dieses Finanzmodell unter einer weiteren Präsidentschaft von Joseph Blatter ins Wanken kommen könnte, das haben dessen Kritiker zuletzt immer moniert. Herausforderer Prinz Ali bin Al-Hussein warnte etwa vor wirtschaftlichen Einbußen. "Der Schaden für die Marke Fifa hat finanzielle Folgen. Wenn keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden, um das Image wiederherzustellen, erwarten uns geringere Einnahmen."

Zeitung boykottiert Sponsoren


Symbolwirkung hat auch eine Aktion der niederländischen Tageszeitung "Nederlands Dagblad", das wegen des Korruptionsskandals Anzeigen von Fifa-Sponsoren boykottieren will. Außerdem rief die Zeitung ihre Leser zum Boykott von Firmen wie Coca Cola, McDonald’s, Adidas, Visa, Hyundai, Kia und Budweiser auf. "Die einzige Sprache, die diese Organisationen verstehen, ist Geld, und das Geld kommt von uns", sagte Chefredakteur Sjirk Kuijper.