Bogotá/Havanna. Eine architektonische Schönheit ist das Estadio Pedro Marrero in Havanna nicht gerade. Die Arena in der kubanischen Hauptstadt, in der am Dienstag Fußball- und Sportgeschichte geschrieben wird, versprüht den spröden Charme des nachrevolutionären Kubas. Immerhin 18.000 der insgesamt 28.000 Plätze sind überdacht. Errichtet wurde die Arena, in der am Dienstagnachmittag die Fußballprofis von New York Cosmos zu einem Freundschaftsspiel gegen die kubanische Fußball-Nationalmannschaft antreten, bereits bevor Fidel Castro und Che Guevara 1959 als Sieger der kubanischen Revolution in Havanna einmarschierten. Seitdem hat sich nicht viel geändert. Seinen Namen trägt das Stadion in Gedenken an den kubanischen Revolutionär Pedro Marrero, der bei einem Angriff auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953 ums Leben gekommen war.

Genau hier wollen sich die bisherigen Klassenfeinde aus den USA und Kuba, zwischen denen es nun erste Annäherungen gibt, am Dienstag im sportlich fairen Wettkampf die Hände reichen. New York Cosmos, Nachfolgeklub des legendären Cosmos New York, für den einst Pelé und Franz Beckenbauer kickten, versucht sich als Eisbrecher. Seinen berühmtesten Botschafter hat der Klub deshalb gleich mitgebracht: Pelé wird mit von der Partie sein und konnte bereits bei seiner Ankunft auf dem Flughafen erahnen, wie sehr die Menschen seinen Besuch herbeigesehnt hatten.

Ein weiterer Weltstar ist mit von der Partie. Raúl, Ex-Torjäger von Real Madrid und Schalke 04, freut sich auf das sportlich bedeutungslose, politisch aber wichtige Spiel: "Ich habe viele Finale in der Champions League gespielt, auch mit dem Nationalteam an Welt- und Europameisterschaften teilgenommen. Aber um ehrlich zu sein, ich bin sehr aufgeregt, das wunderschöne Land kennenzulernen, das Kuba ist", sagte der Cosmos-Profi.

Kubas Parteiorgan "Granma" zitierte unterdessen Marcos Senna, den gebürtigen Brasilianer, der mit Spanien 2008 Europameister wurde, nach der Ankunft in Havanna: "Ich bin sehr neugierig, Kuba kennenzulernen, so wie es ist." Fußballer als Friedensbotschafter, das gibt es nicht oft in der Welt des Kommerzes und des Profits. Es ist der erste Auftritt eines US-amerikanischen Profiteams in Kuba seit mehr als 16 Jahren. Zuletzt gaben die Baseball-Profis der Baltimore Orioles in Kuba 1999 ein Gastspiel und wollen dies im Laufe dieses Jahres wiederholen. Bereits im Mai hatten die kubanischen Baseball-Fans das unverhoffte Vergnügen, sich erstmals ein Profi-Spiel der nordamerikanischen Liga MLB im kubanischen TV anzusehen. Protagonist dabei: Kubas Profi Kendrys Morales von den Kansas City Royals, die allerdings mit 2:5 gegen die Texas Rangers unterlagen.

Für beide Seiten ist es ein erstes Abtasten. Kubas Profisportlern wird in der Regel ein Engagement in den USA verweigert, meist mussten die kubanischen Talente irgendwie aus Kuba fliehen, um schließlich ihr sportliches und damit auch ihr finanzielles Glück in den USA zu finden.

Kubas Fußballer nutzten zuletzt die Teilnahme an internationalen Spielen zur Flucht, ehe sich Fifa-Boss Sepp Blatter bei den kubanischen Funktionären beschwerte. Nicht über die Lebensbedingungen auf Kuba, die viele Menschen bisweilen zu einer gefährlichen Flucht trieb, sondern darüber, dass die kubanischen Nationalmannschaften dann bei den Turnieren nicht mehr wettbewerbsfähig seien, weil ihnen schlicht die Spieler fehlten.

Kubas Fußball ist im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten bisher nur zweitklassig, allerdings befindet sich der Sport im Aufschwung. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist er zunehmend populär. Kubas Fußball-Nachwuchsteams gelten als vielversprechend. Doch noch ist die Insel einer der wenigen weißen Flecken auf der durchgescouteten Fußballwelt.

Gegen die Mannschaft von New York Cosmos will sich Kubas Nationalteam nun den letzten Schliff für das wichtige WM-Qualifikationsspiel gegen Curaçao im Juni holen. Auch dann geht es wieder gegen einen ganz Großen des Weltfußballs: Ex-Torjäger Patrick Kluivert ist Teamchef des Inselteams.