Paris. Fußballer europaweit spielen in Trauerflor, vor jedem Spiel gibt es eine Trauerminute, auch die olympische Flagge vor dem Hauptquartier wehte auf Halbmast. Der internationale Sport reagierte mit tiefster Betroffenheit auf die Anschläge von Freitagnacht in Paris - doch an eine Absage der Fußball-Europameisterschaft wird derzeit offiziell zumindest nicht gedacht, auch wenn schon einige skeptische Stimmen laut wurden.

So sprach sich etwa das französische Fußball-Idol Just Fontaine am Montag gegen eine Austragung der Euro aus. "Jedes andere Land kann das Championat austragen, nur nicht wir. Ich habe große Angst, dass sich der schwarze Freitag wiederholt", erklärte der 82-Jährige der Zeitung "Die Welt". Frankreich könne die Sicherheit nicht garantieren, die es brauche, um eine solche Veranstaltung auszurichten. "Es ist einfach zu gefährlich. Glauben Sie etwa, dass künftig wieder Menschen ins Stade de France gehen werden?" Fontaine war selbst beim Testspiel Frankreich gegen Deutschland im Stadion, als die Anschlagsserie begann und sich vor dem Stadion drei Attentäter in die Luft sprengten. "Ich hatte noch nie so große Angst. Das ging sicher allen 80.000 Zuschauern im Stadion so."

Auslosung im Ausnahmezustand

So oder so sind die Vorbereitungen auf das Großereignis, das am 10. Juni im Stade de France eröffnet werden soll, ganz direkt betroffen. Das Sicherheitskonzept muss wohl adaptiert werden, in weniger als vier Wochen sollen im Le Palais de Congres in der Porte de Maillot im Westen Paris’ die sechs EM-Vorrundengruppen ausgelost werden. In Frankreich wird zu diesem Zeitpunkt wohl offiziell noch der Ausnahmezustand gelten, den Präsident François Hollande vorerst auf drei Monate ansetzen will. Und der Akt, der gemeinhin den Countdown zur Endrunde einläutet, wird wohl weniger feierlich ausfallen als sonst. Am Fahrplan zur Euro, die in neun verschiedenen Städten und erstmals mit 24 Teams ausgetragen werden soll, wollen die Uefa und die Organisatoren aber vorerst nicht rütteln.

"Wenn man die EM jetzt in Frage stellt, würde man sich den Regeln des Terrors beugen", erklärte Cheforganisator Jacques Lambert. Die Sicherheit in den Stadien selbst bereite ihm allerdings weniger Sorge - dafür spreche auch, dass am Freitag Attentäter laut Medienberichten erfloglos versucht hätten, ins Stadion zu gelangen. "Das Risiko besteht mehr in den Straßen, bei spontanen Zusammenkünften", meinte Lambert. Man werde aber "alle notwendigen Entscheidungen treffen, damit die Euro 2016 mit den besten Sicherheitsvorkehrungen stattfindet".

Vertrauen beim ÖFB

Darauf vertraut man indessen nach der erstmaligen sportlichen Qualifikation auch im österreichischen Fußball-Bund (ÖFB). "Ich hoffe auf eine rasche Aufklärung, bin aber überzeugt, dass die französischen Behörden alle Sicherheitsmaßnahmen treffen, um für die bevorstehende Auslosung ebenso wie die EM-Endrunde eine sichere Durchführung zu gewährleisten", erklärte ÖFB-Prädident Leo Windtner noch am Wochenende.

Die Vorfreude sei freilich getrübt, meinte auch Marc Janko vor dem Länderspiel gegen die Schweiz am Dienstag (20.45 Uhr). "Das drückt auf jeden Fall auf die Stimmung. In Zeiten wie diesen rückt der Sport in den Hintergrund. Aber es ist wichtig, dass man probiert, zur Normalität zurückzukehren." Wie diese Normalität in Frankreich in den kommenden Monaten aussehen wird, kann indessen noch niemand wirklich abschätzen - was nicht nur einen Schatten auf die Fußball-EM, sondern auch die anstehende Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2024 wirft. Die Entscheidung über den Zuschlag fällt 2017, Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, glaubt allerdings nicht, dass die aktuellen Ereignisse Auswirkungen auf die Kandidatur haben. "Nein, die IOC-Mitglieder haben viel Erfahrung. Sie wissen, dass niemand wissen kann, wie die Welt in neun Jahren aussieht. Und sie wissen, dass Terrorismus kein Problem von Frankreich oder Paris ist. Es ist eine globale Herausforderung", sagte er auf eine entsprechende Frage zur französischen Sportzeitung "L’Équipe". "Man kann den Sieg nicht den Terroristen überlassen. Wir müssen geeint und gefestigt sein, vor allem bei Olympischen Spielen."

Schließlich handle es sich nicht nur um einen Angriff auf die Menschen in Frankreich, "sondern auf die Menschheit und alle humanitären und olympischen Werte", erklärte Bach. "In diesen dunklen Zeiten müssen wir uns an die einende Kraft des Sports erinnern, der Menschen und Gemeinschaften zusammenführen kann, um Frieden und Versöhnung zu bringen."