
Yokohama. (art) Es ist ein Wiedersehen auf der großen Bühne des Weltfußballs, dabei hat es fast schon so ausgesehen, als wäre der letzte Vorhang für ihn gefallen. Doch eineinhalb Jahre nach dem 1:7-Debakel, das Luiz Felipe Scolari im WM-Halbfinale als Teamchef von Gastgeber Brasilien gegen den späteren Weltmeister Deutschland erlebte, steht er nun vor einem weiteren international bedeutsamen Halbfinalspiel. Als Trainer des chinesischen Klubs Guangzhou Evergrande fordert er niemanden Geringeren als den FC Barcelona.
Und seine Träume hat sich der mittlerweile 67-Jährige nach dieser Niederlage, die auch als eine persönliche angesehen wurde, nicht nehmen lassen. "Warum sollen wir nicht träumen, warum sollen wir nicht glauben, dass wir Barcelona schlagen können?", sagt er vor dem Treffen am Donnerstag (11.30 Uhr MEZ) in Yokohama. Seine Mannschaft, der chinesische Meister und Sieger des asiatischen Champions-League-Pendants, hat schließlich bei der Klub-WM schon einmal überrascht - im Viertelfinale setzte man sich gegen den höher eingeschätzten mexikanischen Concacaf-Meister Club América durch. Mit viel Geld wird in China derzeit versucht, im Fußball zu den Spitzenmächten aufzuschließen, Guangzhou leistet sich neben Scolari die Dienste etlicher brasilianischer Spieler; der prominenteste unter ihnen ist Robinho, auch Ex-Salzburg-Stürmer Alan, der allerdings im Viertelfinale nicht eingesetzt wurde, gehört dazu. Freilich sind die Rollen vor dem Kampf um den Finaleinzug, den der argentinische Klub River Plate bereits am Mittwoch mit einem 1:0-Sieg über Gastgeber Sanfrecce Hiroshima geschafft hat, klar zugunsten der spanischen Spitzenmannschaft verteilt. Dennoch sind die Katalanen, bei denen zudem die späte Anreise ein Nachteil sein könnte - der Champions-League-Gewinner steigt erst im Halbfinale ins Turnier ein - gewarnt. "Es wird kein Spaziergang für uns, wir werden es mit einem gefährlichen Gegner zu tun bekommen", sagt Trainer Luis Enríque, der zudem auf den verletzten Superstar Neymar verzichten muss. Ähnlich äußert sich auch Sergio Busquets: "Sie sind ein gefährliches Team. Sie haben Scolari, sie haben viele Brasilianer, und sie haben schon für eine Überraschung gesorgt."
Insgesamt ist Guangzhou Evergrande seit 28 Partien unbesiegt, auch das sollte eine Warnung sein. Trotzdem sind die Spanier freilich ganz auf Sieg eingestellt: Mit einem Triumph bei der Klub-WM könnte man sich mit drei Erfolgen zum Rekordsieger dieses Bewerbs küren und zudem das Quintuple schaffen, nachdem man in diesem Jahr bereits Erfolge in der Champions League, in der nationalen Meisterschaft, im Cup und im europäischen Supercup gefeiert hat. Für River Plate geht es indessen am Sonntag im Finale darum, eine lange Durststrecke zu beenden. Vor 29 Jahren triumphierte man im Weltpokal, dem Vorgängerbewerb der Klub-WM, der damals noch in einem einzigen Spiel zwischen den Siegern der europäischen Champions League und der Copa Libertadores entschieden wurde. Im diesjährigen Endspiel erwartet die Argentinier so oder so ein Duell mit viel Brisanz: entweder ein Treffen mit dem Champions-League-Sieger mit Superstar Lionel Messi - oder eines mit dem brasilianischen Trainerfuchs Luiz Felipe Scolari.