Manchester. "Endlich haben wir ihn", verkündete José Mourinho am Sonntagabend nach dem Sieg von Manchester United gegen Leicester City im Community-Shield. Gemeint war aber nicht etwa der gewonnene Titel, sondern Paul Pogba. Er bekam von Juventus nach langen Verhandlungen die Freigabe, seine medizinischen Tests in Manchester zu absolvieren. Der Rekordtransfer des französischen Mittelfeldspielers steht damit unmittelbar bevor.

Bisher war der Rekordtransfer noch jener von Gareth Bale, der 2013 für 100 Millionen Euro von Tottenham zu Real wechselte. Die Ablösesumme für Pogba soll 110 bis 120 Millionen Euro betragen. Selbst Mourinho bezeichnet solch eine hohe Ablöse als verrückt, der portugiesische Trainer ist aber dennoch sehr zufrieden: "Es ist ein Grund, stolz zu sein, wenn ein Klub in diese Dimensionen vorstoßen kann und einen Spieler dieser Dimension anzieht", sagte Mourinho.

Traum vom Weltfußballer

Dabei spielte Paul Pogba bereits drei Jahre lang für den englischen Rekordmeister. Als 16-Jähriger kam er aus Le Havre nach Manchester, durchsetzen konnte er sich dort allerdings nicht. Trotz guter Leistungen in den Nachwuchsteams brachte er es unter Alex Ferguson auf lediglich 195 Einsatzminuten bei den Profis.

Nach der Saison 2011/2012 war Pogbas Geduld am Ende. Trotz Angeboten zur Vertragsverlängerung in Manchester entschied sich der ehrgeizige Pogba dazu, den Verein zu verlassen, bei Juventus nahm man ihn liebend gerne ablösefrei bei sich auf. Dort hatte der Franzose starke Konkurrenz, zu regelmäßigen Einsatzzeiten kam er dennoch sofort. Immer öfter kamen seine Genieblitze zum Vorschein, und so wurde er schnell zum Stammspieler.

Auffällig wurde Pogba nicht nur wegen seiner Dribblings und der Weitschusstore, sondern auch wegen seiner exzentrischen Art. Auf außergewöhnliche Tore folgten außergewöhnliche Torjubel, zudem waren seine Frisuren stets sehr speziell. Doch abseits des Platzes war es in Italien sehr ruhig um Pogba, der mit keinerlei Skandalen auffiel. Seine Show lieferte er nur auf dem Platz ab, bei Juventus entwickelte er sich hervorragend und gewann vier Meistertitel. Nach vier Jahren verlässt er Italien nun als Superstar, um nach Manchester zurückzukehren und Weltfußballer zu werden.

Dies ist das erklärte Ziel des hochveranlagten Franzosen, dem schon länger die Nachfolge von Cristiano Ronaldo und Lionel Messi als Ballon-d’Or-Gewinner zugetraut wird. Die Vorausetzungen dazu hat er allemal.

Die physischen Anlagen von Pogba sind beeindruckend. 191 Zentimeter ist er groß, sehr muskulös, sprungkräftig und mit langen, schnellen Beinen ausgestattet. Seine körperlichen Voraussetzungen weiß er richtig einzusetzen, im Spiel mit und ohne Ball sind sie vorteilhaft. Im Dribbling setzt er seinen Körper stets gut ein, er arbeitet viel mit Tempowechseln und deckt den Ball immer gut ab. Besonders stark ist er darin, auf engen Räumen den Ball zu behaupten, auch hohe Bälle kann er dank seiner Physis gut sichern. Seine Ballbehandlung ist ohnehin auf höchstem Level.

Moderner Allrounder

Pogbas Spielstil ist generell sehr spektakulär. Als "YouTube-Fußballer" könnte man ihn bezeichnen, seine Weitschusstore sind außergewöhnlich, die vielen Fehlschüsse findet man im Internet aber nicht. Ein wenig schwankt er in seiner Entscheidungsfindung noch zwischen Genie und Wahnsinn. Auf dem Platz findet er viele durchaus unübliche Lösungen, die nicht immer, aber sehr oft, genial sind. Pogba zeichnet sich neben seinen physischen und technischen Anlagen so auch durch seine Kreativität aus. Zudem ist er ein sehr moderner Fußballer, physisch auf höchstem Level, recht spielintelligent und auch sehr stark in der Defensive. Vielseitig einsetzbar ist er ebenfalls, bei Juve spielte er als defensiver und offensiver Mittelfeldspieler, wurde auch links im Mittelfeld eingesetzt. Am stärksten ist er wohl in seiner Rolle als antreibender Achter.

Ob Pogba aber seine Ablöse und die hohen Erwartungen erfüllen kann, wird sich erst zeigen. Viel wird davon abhängen, wie der Mittelfeldspieler im System von Mourinho eingebunden wird. Eine zentrale Rolle wird der Rekordmann aber auf jeden Fall spielen.