Innsbruck/Banff. (apa) Die Berge waren seine Welt - und in ihnen fand er nunmehr wohl einen tragischen Tod: Der 28-jährige Tiroler David Lama galt als Ausnahmetalent der Alpinisten- und Klettererszene, geadelt von ewigen Größen wie Reinhold Messner und Peter Habeler. Ein Leben für den Alpinismus, das nunmehr ein viel zu frühes Ende fand. Nachdem die "Tiroler Tageszeitung" am Donnerstag berichtet hatte, dass Lama gemeinsam mit Hansjörg Auer sowie dem US-Alpinisten Jess Roskelley in den kanadischen Rocky Mountains vermisst werde, erklärte die Verwaltung des Banff-Nationalparks in der Nacht auf Freitag ohne Nennung von Namen, dass man davon ausgehen müsse, dass die "sehr erfahrenen Alpinisten" bei einem Lawinenabgang ums Leben gekommen seien. "Angesichts der Erkundungen vor Ort muss man davon ausgehen, dass alle drei Mitglieder der Gruppe tot sind", hieß es. Eine Bestätigung oder Bergung gab es zwar am Freitag noch nicht, dennoch meldeten sich erstmals auch die Eltern Lamas öffentlich zu Wort. Sie bedankten sich für die "zahlreichen positiven Worte und Gedanken" und baten, David "mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten", schrieben sie zu einem Foto ihres Sohnes. "David lebte für die Berge, und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren."
Aufstieg zum Superstar
Neben der Familie stand am Anfang seiner Karriere Peter Habeler: Über die Zillertaler Extrembergsteigerlegende soll Lama seine Berufung gefunden haben, nachdem er im Alter von fünf Jahren einen Kletterkurs bei Habeler besucht hatte. Dieser erkannte bereits damals sein außergewöhnliches Talent. Der frühe Beginn einer steilen Karriere. Jahre später, 2017, bildeten Habeler, damals 74, und Lama übrigens ein Tandem und bezwangen die berühmte Heckmair-Route an der Eiger-Nordwand - 43 Jahre nach Habelers und Messners Rekorddurchsteigung.
Mit sechs Jahren kletterte der Sohn eines aus dem Mount-Everest-Gebiet in Nepal stammenden Vaters und einer Innsbrucker Mutter in der Sportklettergruppe des österreichischen Alpenvereins der Sektion Innsbruck. 2004 und 2005 gewann er jeweils die Gesamtwertung des Kletter-Jugendeuropacups sowie die Jugendweltmeisterschaften in Edinburgh und Peking. Im Jahr 2006 war er der erste Kletterer, dem es gelang, in seiner ersten Saison im Weltcup sowohl einen Boulder-Weltcup als auch einen Vorstieg-Weltcup zu gewinnen. Zugleich wurde er damit der bis dahin jüngste Weltcupsieger der Geschichte.
Ab 2010 konzentrierte sich der Tiroler schließlich auf den Alpinismus. Schwierige Erstbegehungen folgten, einer seiner größten Erfolge war die erste Begehung der Kompressor-Route am Cerro Torre mit Peter Ortner im freien Kletterstil im Jahr 2012. Am 25. Oktober 2018 gelang Lama schließlich die Erstbesteigung des 6895 Meter hohen Lunag Ri in Nepal über den Westpfeiler im Alleingang. Rund ein halbes Jahr später muss die Alpinistenszene wohl um einen ihrer größten Söhne trauern.
"Schlimm, schlimm, schlimm. Das waren die Besten der Besten. Überflieger im positiven Sinne", sagte Habeler am Freitag zur Austria Presse-Agentur. "David war ein humorvoller, ruhiger Mensch. Ich habe ihn über alle Maßen geschätzt". Darüberhinaus betonte Habeler, dass Lama auch die "Kunst des Umdrehens" bei widrigen Verhältnissen beherrscht habe. Man brauche Glück, um in diesen Dimensionen zu überleben. Es sei keine Frage des Könnens, sagte Habeler - "denn gekonnt haben diese Burschen ohnehin alles."