Wenige Tage vor der Entscheidung der Welt-Anti-Doping-Agentur, ob Russland wegen des Staatsdoping-Skandals beziehungsweise seiner Nachwirkungen – mit Abstrichen – für vier Jahre aus dem internationalen Sport ausgeschlossen werden soll, wurden neue Details über die inkriminierten Manipulationen von Datensätzen aus dem Moskauer Doping-Kontrolllabor bekannt: Demnach betreffen die Manipulationen verdächtige Proben von 298 Sportlern.

145 davon könnten einer Verfolgung entgehen, weil ihre Datensätze wohl nicht mehr vollständig rekonstruiert werden können. Das geht gemäß übereinstimmenden Medienberichten aus dem Bericht der unabhängigen Wada-Untersuchungskommission hervor.

Diese hatte die mutmaßliche Fälschung der Daten aus den Jahren 2012 bis 2015 untersucht. Die Manipulationen waren aufgeflogen, weil die Wada dank eines Whistleblowers in den Besitz des Originaldatensatzes gekommen war und diesen mit den von Russland erst mit monatelanger Verspätung ausgehändigten Dopingtest-Ergebnissen abglichen hatte.

Aufgrund der mutmaßlichen Beweismittelfälschungen drohen Russland am Montag weitere Sanktionen durch die Wada-Exekutive. Ein Untersuchungsgremium hat eine vierjährige Sperre der russischen Anti-Doping-Agentur (Rusada) empfohlen. Diese war bereits von 2015 bis September 2018 gesperrt gewesen, weil man Russland weitreichende Manipulationen bei den Olympischen Spielen 2014 und davor nachgewiesen hatte. Im Zuge der Affäre sind bereits zahlreiche russische Spitzenathleten aus diversen Sportarten, darunter etliche Olympiamedaillengewinner, überführt und gesperrt worden. Die Aufhebung der Rusada-Sperre im Vorjahr war unter anderem an die Bedingung geknüpft gewesen, dass die Russen die nun betroffenen Moskauer Labordaten unverzüglich an die Wada aushändigen müssen.

Eine mögliche Sperre betrifft aber nicht den gesamten russischen Sport: Athleten, die nachweisen können, nicht an den Manipulationen beteiligt gewesen zu sein, sollen unter neutraler Flagge an Wettkämpfen teilnehmen dürfen, auch die in Russland geplanten Spiele der paneuropäischen Fußball-Europameisterschaft 2020 wären laut Wada nicht betroffen. (art/apa)