Taiwans Baseballer erzielen weltweit ungeahnte Zuschauerrekorde. Millionen haben ihre Spiele jetzt schon gesehen. Kein Wunder: Es ist die einzige professionelle Liga, die trotz der Coronavirus-Pandemie zuletzt spielte - wenn auch ohne Publikum auf den Tribünen, dafür aber live im Internet und im TV. Am Dienstag folgte die südkoreanische Baseall-Liga, ab Freitag sollen dort auch wieder Fußballspiele steigen.
Seit drei Wochen läuft schon die Saison der vier Baseballteams des Inselstaates im Pazifik. Auf den leeren Rängen des Stadions der Rakuten Monkeys in Taoyuan sitzen einige Zuschauer - aus Karton. Cheerleader geben sich ordentlich Mühe, Stimmung zu machen. Auch Spieler und Mitarbeiter der Teams feuern die Mannschaft an. Aus Lautsprechern dröhnt Musik. Oben auf der Tribüne schlagen Roboter eines lokalen Herstellers die Fantrommeln. "Die Spieler sind natürlich nicht begeistert über die Situation", sagt Tai Ssu-sung, Sprecher der Liga in Taipeh. "Die Unterstützung durch die Fans sowie die Atmosphäre mit echtem Publikum sind wichtig für die Moral und Begeisterung. Deswegen war es schon eine große Umstellung."
Vor dem Spiel wird bei den Profis die Temperatur gemessen. Zwischen den Spielen ist es ihnen nicht erlaubt, auswärts in Restaurants zu essen oder den Zug zu nehmen. Regelmäßige medizinische Tests auf das Sars-CoV-2-Virus sind allerdings nicht vorgesehen. Mitarbeiter im Stadion tragen Mundschutz. Reporter müssen sich einen Tag vorher anmelden, ein Gesundheitsformular einreichen. Für Interviews gilt eineinhalb Meter Abstand. Wenn es im Stadion ruhig ist, zeigen sich beim Spiel aber unerwartet auch positive Nebeneffekte. "Jedes Geräusch, wie etwa wenn der Schläger den Ball trifft oder Bälle gefangen werden, ist klar hörbar", sagt Tai. "Normalerweise würden wir diese Geräusche nicht wahrnehmen." Die Stille hilft der Konzentration der Spieler.
Lehren aus Sars gezogen
Mit den Live-Spielen findet die Liga weltweit großes Interesse. "Die Publicity ist ein unverhoffter Vorteil", betont Tai. Die Spiele werden im Fernsehen, über den Twitterkanal "Eleven Sports Taiwan" oder Streamingplattformen übertragen. Die Freunde des Baseballs in Taiwan waren anfangs zwar frustriert, zeigen aber Verständnis. "Zumindest können wir die Spiele live verfolgen", sagt der Fan Tony Huang. "Solange die Epidemie ungewiss ist, schützen diese Methoden die Spieler und Fans", erklärt der 40-Jährige, der die Liga nach eigenen Angaben schon seit zwei Jahrzehnten verfolgt. "Wenn sich ein Spieler infiziert, wird ja nicht nur er nicht mehr auf das Feld gehen können, sondern dann wird auch das ganze Stadion den Betrieb einstellen müssen."
Doch vorerst sieht es danach auch, dass Taiwan das Virus gut im Griff hat. Es gibt nicht einmal 450 bekannte Infektionen und bisher nur sechs Tote im knapp 24 Millionen Einwohner zählenden Inselstaat. Nach den ersten Berichten über den Ausbruch im nur 130 Kilometer entfernt gelegenen Festlandchina hatte Taiwan früh Kontrollen am Flughafen eingeführt, die Grenzen für Ausländer dicht gemacht. Die Behörden hatten die Lehren aus der Pandemie mit dem Sars-Virus 2003 gezogen, als es 73 Tote und Hunderte Infizierte allein in Taiwan gab. Jeder Fall wird genau verfolgt, Infektionsketten werden früh unterbrochen. Heimkehrende Taiwaner müssen 14 Tage in strikte Quarantäne. Mit Erfolg: Seit drei Wochen hat Taiwan keine lokal übertragene Infektion mehr verzeichnet. Die Liga entschied am Dienstag, ab Freitag erstmals wieder eine kleine Zahl von Zuschauern zuzulassen - allerdings nur bis zu 200. Vorausgegangen war die Entscheidung der Regierung am Sonntag, die Beschränkungen für Versammlungen in Sport, Kunst und Kultur zu lockern; Abstandsregeln gelten freilich weiterhin. Präsidentin Tsai Ing-wen ist ein Fan des Baseballs, der durch den US-amerikanischen und japanischen Einfluss Fuß gefasst hatte. Sie begrüßte auf Twitter die "Freunde überall in der Welt" und dankte ihnen, "so spät aufzubleiben oder so früh aufzustehen", um die Liga in Taiwan zu verfolgen.(dpa/apa)