Vor langer Zeit oder nur vor wenigen Wochen kämpften sie bei Weltcups, Meisterschaften oder Olympischen Spielen um Medaillen - und jetzt gegen die russische Armee. Der Krieg in der Ukraine hat auch das Leben der Sportler schlagartig verändert. Nicht wenige Athleten legten ihre Boxhandschuhe, Bälle, Ski oder Tennisschläger nieder und griffen zu den Waffen, um ihre Heimat zu verteidigen - und das nicht selten ohne jede militärische Ausbildung. Einige mussten diesen Mut bereits mit dem Leben bezahlen und sind gefallen. Wer sind die Männer im Khaki-Dress?

Witali Klitschko (Boxen): Klitschko zählt wohl zu den berühmtesten ukrainischen Sportlern. In den 2000er Jahren war er Boxweltmeister im Schwergewicht der Verbände WBO und WBC und verteidigte seinen Titel insgesamt zwölf Mal erfolgreich. Seit 2014 ist er Bürgermeister von Kiew, das seit drei Wochen von der russischen Armee beschossen und zunehmend eingekreist wird. Von einem Bunker im Stadtzentrum aus koordiniert der 50-Jährige die Verteidigung der Millionenstadt, präsentiert sich mit kugelsicherer Weste in den sozialen Medien. Der Sturm auf die Stadt blieb bisher noch aus.

Wladimir Klitschko (Boxen): Vitalis jüngerer Bruder Wladimir hat 1996 in Atlanta Olympia-Gold gewonnen, bevor er die IBO-, WBA-, IBF- und WBO-Titel im Schwergewicht errang. Er trat 2016 eigentlich in den Ruhestand, mit dem Angriff der Russen schloss sich der 45-Jährige wie sein älterer Bruder den Reservisten der ukrainischen Armee an, um bei der Verteidigung seiner Heimatstadt Kiew zu helfen.

Wasiliy Lomachenko (Boxen): Der 34-Jährige gewann in seiner Boxerkarriere zwei olympische Goldmedaillen - 2008 im Federgewicht, vier Jahre später im Leichtgewicht. Als Profi war er Weltmeister in drei verschiedenen Gewichtsklassen. Auch Lomachenko hat seinen Boxerhelm gegen einen echten eingetauscht und sich für den Kampf gegen Russland in seiner Heimatstadt Bilhorod-Dnistrovskyi in der Nähe von Odessa den ukrainischen Streitkräften angeschlossen.

Oleh Luzhnyi (Fußball): Der ehemalige Rechtsverteidiger Luzhnyi gewann mit dem FC Arsenal Anfang der 2000er Jahre die Premier League sowie den FA-Cup. Nun kämpft er mit 53 für sein Heimatland. "Die Situation ist furchtbar", sagte er dem Sender Sky Sports. "Ich möchte als Trainer in Großbritannien arbeiten, aber zunächst muss ich hier Stärke zeigen und für mein Volk, mein Land und die Demokratie kämpfen." Seine Heimatstadt ist Lemberg.

Yuriy Vernydub (Fußball): Vernydub ist Coach von Sheriff Tiraspol, also jenes moldawischen Klubs, der Real Madrid im September 2021 in der Champions League mit 2:1 im Santiago Bernabeu besiegen konnte. Der 56-jährige ehemalige defensive Mittelfeldspieler kämpft, obwohl sein Arbeitgeber offen mit Russland sympathisiert, ebenfalls in den ukrainischen Streitkräften. Von 1997 bis 2000 spielte er in der russischen Liga für Zenit St. Petersburg.

Witali Sapylo (Fußball): Der Torwart spielte beim ukrainischen Drittligisten Karpaty Lwiw und kam Anfang März bei einem russischen Angriff in der Nähe der Hauptstadt Kiew ums Leben. "Er war bereit, zu kämpfen, wollte unter keinen Umständen die Front verlassen", sagte Sapylos Vater Roman zur "Bild-Zeitung". "Er starb durch einen Luftangriff des verdammten Putin. Er hat mir mein Kind genommen." Karpaty Lwiw verlautete in einer Stellungnahme: "Wir werden diesem Helden ein ewiges Andenken bewahren."

Jewhen Malyschew (Biathlon): Im Zuge von Kampfhandlungen gleich zu Kriegsbeginn sein Leben lassen musste auch der ukrainische Biathlet Jewhen Malyschew. "Der Verband meldet den tragischen Tod eines Mitglieds der Junioren-Nationalmannschaft, Jewhen Malyschew. Wir sprechen seiner Familie, seinen Freunden und Angehörigen unser tiefstes Beileid aus", teilte der ukrainische Nationalverband mit. Malyschew starb im Alter von nur 19 Jahren, er war nur kurz zuvor in den Militärdienst eingetreten. Auch die internationale Biathlon-Union drückte "ihr tief empfundenes Beileid" zum Verlust des Biathleten aus.

Dmytro Pidruchnyi (Biathlon): Noch am Leben ist hingegen offenbar Malyschews Kollege Pidruchnyi. Nach seiner Rückkehr von den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking meldete sich der 30-Jährige sofort bei der ukrainischen Nationalgarde, um nach dem Einmarsch der Russen für sein Land zu kämpfen. Der Biathlet ist Ex-Europameister und war bereits zweimal bei Olympischen Spielen dabei.

Schan Belenjuk (Ringer): Seine Familie hat er in Sicherheit gebracht, er selbst ist hingegen in der Ukraine geblieben: Der ukrainische Ringer-Olympiasieger und Abgeordnete Schan Belenjuk kämpft nicht an den vordersten Linien, sondern ist in der logistischen Koordination, unter anderem der Vermittlung von Waffen, Nahrungsmitteln und Medizin, helfend tätig. "Ich habe keine Angst. Auch wenn ich als Politiker womöglich noch gefährdeter bin als andere", sagte der Goldmedaillengewinner der Sommerspiele von Tokio. Belenjuk ist Sohn eines Ruanders und einer Ukrainerin und wurde in Kiew geboren. Er sitzt für die Partei "Diener des Volkes" von Präsident Wolodymyr Selenskyj im Parlament.

Serhij Stachowskyi (Tennis): Serhij Stachowskyi ist ein ehemaliger Tennisspieler und erlangte vor allem dadurch Bekanntheit, Tennis-Star Roger Federer 2013 in der zweiten Runde von Wimbledon aus dem Bewerb geworfen zu haben. Federer war Titelverteidiger, Stachowskyi hingegen nur die Nummer 116 der Weltrangliste. Der mittlerweile 36-Jährige kämpft mit den ukrainischen Streitkräften in Kiew und dokumentiert seinen Einsatz auf seinem Instagram-Profil.