Titelverteidiger Novak Djokovic, Rekordsieger Rafael Nadal - oder doch jemand ganz anderer? Vor den am Sonntag beginnenden French Open in Paris hat sich jedenfalls der erst 19 Jahre alt gewordene Carlos Alcaraz für den Kampf um seinen ersten Major-Triumph in Stellung gebracht. Der Spanier hat heuer schon die Titel in Rio de Janeiro, Miami, Barcelona und Madrid geholt - wo er mit aufeinanderfolgenden Siegen gegen Nadal, Djokovic und Sascha Zverev für Furore sorgte. In der Weltrangliste liegt Alcaraz auf Platz sechs, in der Jahreswertung (Race to Turin) aber schon auf Platz drei. Und nicht wenige trauen dem Teenager zu, für die schon länger herbeigeredete Wachablöse zu sorgen.

Dagegen freilich könnte sprechen, dass ihm noch die Erfahrung bei Grand-Slam-Turnieren fehlt, die Djokovic und Nadal mit ihren 20 beziehungsweise 21 Erfolgen bereits haben. Alcaraz gab erst im vergangenen Jahr sein Debüt auf dieser Ebene, schlug sich dabei aber unter anderem mit dem Viertelfinaleinzug in New York mehr als gut. Zudem sieht der Mann, der sich selbst lieber "Carlitos" nennen lässt ("Ich fühle mich noch nicht als Erwachsener") in seiner Jugend auch Vorteile, was die physische Verfassung betrifft.

Um die ist es aktuell bei Nadal nicht allzu gut bestellt. Der Seriensieger vergangener Tage quält sich nach einer Rippenstressfraktur und entsprechender Pause nun mit Fußproblemen herum, die ihn ohnehin schon länger begleiten. "Ich lebe mit den Schmerzen, das ist nichts Neues", sagte er unlängst in Rom. Für Alcaraz empfindet er höchsten Respekt - was freilich auf Gegenseitigkeit beruht, auch wenn der Jungstar bekannt hat, früher ein Fan von Roger Federer gewesen zu sein. "Es tut mir weh, zu sehen, wie er bei dem Spiel, das er so liebt, leidet", sagte er unlängst über Nadal. Über seine eigenen Ziele spricht Alcaraz indessen weniger gern, auf der Tour gilt er als bescheiden und bodenständig. Wie es ist, als Kronprinz des besten Sandplatzspielers der jüngeren Vergangenheit gehandelt zu werden, weiß indessen auch Österreichs (einstiges) Aushängeschild Dominic Thiem. Der Niederösterreicher, der in Paris viermal im Semifinale und zweimal im Finale (2018 und 2019) gestanden und mehrere Jahre hinter Nadal unbestritten zweitbester Sandplatz-Spieler der Welt war, muss sich aktuell über jeden Rundengewinn freuen. Das ändert auch die an sich günstige Auslosung gegen den Bolivianer Hugo Dellien (ATP-87.) nicht, gegen den er zum ersten Mal spielt. Österreichs zweiter Vertreter im Einzel, Sebastian Ofner, bekommt es mit einem Qualifikanten zu tun.

Thiem hätte in Runde eins wegen seiner Nicht-Setzung auch ein absoluter Topspieler drohen können. Was ihm sicher droht: ein weiterer Rückfall in der Weltrangliste per 13. Juni auf um Position 370, dann fallen ihm 180 seiner aktuell 295 Punkte vom Viertelfinale bei den French Open 2020 aus der Wertung.(art/apa)