Der Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie beherrschen aktuell das Weltgeschehen - auch im Tennis. Und das, obwohl der Sport an sich die Menschen zusammenbringen, das Gemeinsame vor das Trennende stellen sollte. Dass zum Beispiel eine Spielerin ihrer russischen Gegnerin nach gewonnener Partie den traditionellen Handschlag aus politischen Gründen verweigert, ist neu. Marta Kostjuk tat es trotzdem. Jubelnd sank die Ukrainerin nach dem Gewinn ihres ersten WTA-Turniers in Austin/Texas in der Vorwoche auf die Knie, feierte ihren Erfolg über Warwara Gratschewa ausgelassen und widmete den Sieg ihrer Heimat und allen, "die gerade kämpfen und sterben". Sie werde, betonte Kostjuk, den Handschlag mit einer Gegnerin aus Russland, das die Ukraine angegriffen hat, weiterhin verweigern. "In der Situation, in der ich mich gerade befinde, ist es etwas ganz Besonderes, diesen Titel zu gewinnen", sagte sie.
Wie stark Corona nach wie vor zur Trennung im Sport beiträgt, zeigt aber auch das Beispiel von Novak Djokovic, der nun nicht am Masters-Turnier in Indian Wells teilnehmen darf. Wie die Veranstalter erklärten, habe der Serbe seine Teilnahme zurückgezogen. Ein Grund wurde nicht genannt, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass Djokovic wohl keine Sondergenehmigung für eine Einreise in die USA aufgrund seiner fehlenden Corona-Impfung bekommen hat. Der 35-Jährige spielte schon im vergangenen Jahr nicht in Indian Wells, weil er nicht gegen das Coronavirus geimpft ist und der Impfschutz nach wie vor eine Voraussetzung für die Einreise in die USA darstellt. Deshalb hatte Djokovic zuletzt um eine Ausnahmegenehmigung für die Turniere in Indian Wells und Miami angesucht. Die Corona-Beschränkungen dürften erst im Mai aufgehoben werden. Das Turnier im US-Bundesstaat Kalifornien startete am Montag mit der Qualifikation. Für Djokovic rückte der Georgier Nikoloz Basilashvili nach.
Thiem ist weiter im Formtief
Dank einer Wild Card in Indian Wells im Hauptfeld mit dabei ist Dominic Thiem, der nach wie vor nach seiner Form sucht. Dass der Tennisprofi jüngst aus den Top 100 der Weltrangliste gefallen ist, liegt freilich nicht am Weltgeschehen, sondern hat andere, wenn auch mysteriöse Gründe. Thiem hatte zuletzt bei Turnieren in Südamerika zwei Auftaktniederlagen in Folge erlitten und hofft nun auf ein Erfolgserlebnis in den USA, wo er zum Auftakt des Masters-Turniers in Kalifornien am Mittwoch auf Adrian Mannarino trifft. Der Franzose, die Nummer 68 der Welt, ist just jener Kontrahent, gegen den sich Thiem im Sommer 2021 auf Mallorca am Handgelenk verletzt hatte - eine langwierige Verletzung, an der der Sturz Thiems aus der Weltspitze ihren Ausgang nahm.
Im direkten Vergleich ist der Niederösterreicher mit acht Siegen in neun Spielen klar voran. Sollte sich Thiem durchsetzen, ginge es in Runde zwei gegen Lorenzo Musetti aus Italien. Der erste Hochkaräter könnte in der dritten Runde mit Musettis Landsmann Jannik Sinner warten, der zum Auftakt ein Freilos hat. Über die Qualifikation versuchte sich im Übrigen Filip Misolic durchzukämpfen. Nach einem 7:6, 2:6, 6:3 gegen den Portugiesen Joao Sousa traf der Steirer am Dienstag auf den Chilenen Cristian Garín.
Djokovics Fehlen in Kalifornien wird wohl während des Turniers für Diskussionen sorgen, zumal kaum jemand die strengen Covid-Regeln nachvollziehen kann und will. Selbst Australien, das den 35-Jährigen noch im Vorjahr wegen fehlender Impfung ausgewiesen hatte, verlangt bei der Einreise keine Nachweise mehr. Während in dieser Frage Lockerungen sehr wahrscheinlich sind, dürfte der Krieg in der Ukraine noch andauern und das Klima auch im Sport vergiften. Die Verweigerung eines Handschlags wird es daher wohl noch öfter geben. Andererseits hat erst kürzlich der russische Tennis-Profi Andrei Rublew den Angriffskrieg in der Ukraine als "verrückt" verurteilt. Zumindest mit dieser Ansicht hat er mit Kostjuk etwas gemeinsam.(rel)