In einem Eishockey-Thriller par excellence hat Österreichs Nationalteam die Nerven behalten. Manuel Ganahl und Dominique Heinrich waren am Montagabend eiskalt, Torhüter Bernhard Starkbaum unüberwindbar, als es im Penaltyschießen um den Klassenerhalt bei der Weltmeisterschaft in Tampere ging. Nach dem 4:3 nach Penaltys im Entscheidungsspiel gegen Ungarn ist Österreich auch bei der A-WM 2024 in Tschechien mit dabei.

"Das Ziel war der Klassenerhalt - das haben wir erreicht. Wir haben uns durchgesetzt, spielen nächstes Jahr wieder in der A-Gruppe, das ist alles, was zählt", meinte Heinrich nach dem Happy End. 1:3 lagen die Österreicher schon zurück, gaben nicht auf und wurden für Moral und Kampfgeist belohnt.

Damit endete auch die zweite Tampere-Reise so wie im Vorjahr mit einem Erfolg. Dabei musste man schon befürchten, dass die rot-weiß-roten Cracks in alte Muster zurückfallen und der Aufenthalt in der Eishockey-Elite-Gruppe wieder nur von kurzer Dauer ist. Ab 2005 hat sich Österreich mit sechs Auf- und ebensovielen Abstiegen den Titel "Fahrstuhl-Mannschaft" redlich verdient gehabt; mittlerweile ist das Attribut "unabsteigbar" mit dem zweiten gewonnenen Abstiegsthriller in Serie zweifelsfrei passender.

Dass es gegen Ungarn zum direkten Duell um den Klassenerhalt kam, war zwar nicht überraschend, hätte aber auch vermieden werden können. Denn zur vermeidbaren Auftaktpleite gegen die Franzosen vergab man gegen Dänemark und Deutschland die realistische Chance auf Punkte. Zu viele Fehler in der Defensive, eine bescheidene Fangquote, mangelnde Effizienz vor dem gegnerischen Tor, aber auch Pech (vier Stangenschüsse) bescherten dem ÖEHV-Team wieder einmal ein finales Kräftemessen um Alles oder Nichts.

Gegen die Topnationen spielte Österreich so wie im Vorjahr gut mit, diesmal aber ohne zählbaren Erfolg. "In meiner Realität war die WM ziemlich gut. Es ist für Österreich nicht selbstverständlich, dass wir so mithalten", erklärte Teamchef Roger Bader anschließend im ORF-Interview und erzählte von dem durchwegs positiven Feedback, dass seine Mannschaft erhalten habe. "Wir wurden regelmäßig für unsere Auftritte gelobt", so der Schweizer. "Die Tatsache, dass wir oben sind, ist eine Weiterentwicklung", ergänzte der Teamchef, nachdem erstmals seit 19 Jahren zweimal hintereinander der Verbleib in der A-Weltmeisterschaft geschafft wurde. Bader konnte mit der Moral seiner Truppe, die so wie im Vorjahr im Entscheidungsspiel (gegen Großbritannien) einen 1:3-Rückstand wettgemacht hat, hoch zufrieden sein.

Nummer eins im Powerplay

Auch die Disziplin war sehr gut, das Powerplay sogar sensationell. Österreich war vor dem letzten Gruppenspieltag mit einer Quote von 41,67 Prozent (fünf Tore in zwölf Überzahlspielen) das beste Überzahlteam des Turniers.

Und das mit einer Mannschaft mit Zukunft. Österreich hatte sechs WM-Neulinge dabei und "wahrscheinlich die jüngste Verteidigung der ganzen WM", betonte Bader. Hinter Routinier Dominique Heinrich hat sich mit Bernd Wolf (26), David Maier (23), Kilian Zündel (22), Thimo Nickl (21), Philipp Wimmer (21) und dem erst 18-jährigen Juwel David Reinbacher, für manchen Experten der beste Verteidiger seiner Altersgruppe und wohl sicher Erstrunden-Wahl im kommenden NHL-Draft, eine junge Verteidiger-Gruppe entwickelt. Steven Strong und Nico Brunner sind auch "erst" 30 und damit im besten Hockey-Alter.

Im WM-Kader waren auch nur vier Stürmer älter als 27. Mit den heuer verletzt ausgefallenen Marco Kasper (19), Michael Raffl (34) und Benjamin Baumgartner (23) könnten nächstes Jahr zudem hochkarätige Stürmer die Mannschaft verstärken. Und Kapitän Thomas Raffl - mit drei Treffern heuer bester heimischer WM-Torschütze - denkt mit 36 Jahren auch noch nicht an Rücktritt. "Ich hoffe, ich bleibe verletzungsfrei und dass ich noch ein bisschen mitmachen kann", erklärte der Leithammel.

Die Torhüter-Position macht Bader dagegen große Sorgen. Weniger das aktuelle Trio mit Starkbaum, David Kickert und David Madlener trotz der zweitschlechtesten Fangquote, sondern was danach kommt. "Wir sind glücklich, dass wir sie haben", sagte der Teamchef über das Trio. Doch gut möglich, dass in der kommenden Saison kein einziger österreichischer Torhüter die Nummer eins ist. Wie es mit dem 37-jährigen Starkbaum weitergeht, ist offen; Kickert (29) ist in Salzburg die Nummer zwei, Madlener (31) bei den Pioneers Vorarlberg.

Entspannung zeichnet sich in den kommenden Jahren nicht ab, ganz im Gegenteil. "Es ist eine Tatsache, dass das eine sehr große Baustelle ist. Wir können nicht denken, dass wir in der A-Gruppe bleiben, wenn Österreicher nicht Stammtorhüter sind. Sie brauchen mehr Vertrauen und Spielpraxis. Es ging nochmals gut heute, aber wenn dieser Zustand sich nicht ändert, werden wir nicht längerfristig in der A-Gruppe sein", warnte Bader.

Am Montag war Starkbaum aber noch einmal einer der Matchwinner, er machte in der Verlängerung eine große ungarische Chance zunichte und parierte drei der vier Penaltys. "Das ist definitiv ein geiler Moment", freute er sich. "Wir sind alle überglücklich heute", sagte Marco Rossi, der mit sechs Punkten (ein Tor, fünf Assists) bester österreichischer WM-Scorer war.(may)