Quebec. Vor zwei Jahren machte sich eine Delegation aus Fachleuten auf, das Emirat Katar zu besuchen. Sie sollten prüfen, ob eine Fußball-WM am Persischen Golf möglich ist und wenn ja, mit welchen Risiken sie verbunden ist. Die Kommission kam zu einem für Katar ernüchternden Befund: Die Risiken sind sehr hoch, bedeutend höher als bei allen anderen Bewerbern. Ein Jahr später erhielt Katar dann den Zuschlag für die WM 2022.
Doch die Weltmeisterschaft ist nicht genug. Für 2020 wollte der Emir die Olympischen Spiele nach Katar holen, die kommendes Jahr vergeben werden. Und wieder machte sich eine Kommission auf, um Katar zu besuchen. Und wieder fiel der Bericht wenig berauschend für den Kandidaten aus. Risiken ohne Ende. Ein gutes Omen für Katar? Nein, das Internationale Olympische Comité ließ Doha nicht zur Abstimmung über die Ausrichtung der Spiele 2020 im kommenden September zu. Es war die zweite Absage hintereinander, und das IOC ließ keinen Zweifel daran, dass weitere Versuche für Katar sinnlos wären.
Oktober-Termin unmöglich
"Manchmal ist das Leben nicht fair. Die Schweiz kann auch keine Sommerspiele ausrichten", sagte Denis Oswald, ein Mitglied des IOC-Exekutivkomitees nach der Entscheidung am Donnerstag. Auch Aserbaidschan fiel bei den Prüfern durch. Doch während die Evaluierungskommission in diesem Fall die Empfehlung abgab, Baku aufgrund der nicht ausreichenden Infrastruktur, Mängeln bei der Planung und der geringen Chance auf nachhaltige Nutzung der Anlagen nicht in die zweite Runde aufsteigen zu lassen, enthielten sich die Prüfer bei Katar einer eindeutigen Empfehlung. Einige aufgezeigten Risiken gingen "über die technischen Aufgaben der Arbeitsgruppe hinaus", heißt es in dem Bericht.
Dabei geht es um die aus klimatischen Gründen notwendige Verschiebung der Spiele in den Oktober. Die Fifa hatte sich an einer Ausrichtung der WM im Juni zwar nicht gestoßen, allerdings nach der Vergabe eine Austragung im Winter präferiert.
Für das IOC würden Spiele im Oktober allerdings geringere Zuschauerzahlen bedeuten, da die Urlaubszeit vorbei ist und der Fußball in Europa bereits im Vollbetrieb ist. "Deshalb gibt es das Risiko, dass Oktober-Spiele ,Wochenend-Spiele werden würden", schreibt die Kommission. Weniger Zuseher heißt weniger Geld.
Madrid und Istanbul dabei
Für Baku ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Nur müsste Aserbaidschan vor einer erneuten Bewerbung die generelle Infrastruktur im Land verbessern und Erfahrungen bei anderen, kleineren Sportveranstaltungen sammeln, um eine realistische Chance zu haben. Für Katar ist das Thema Olympia wohl gegessen, auch wenn die ersten Reaktionen aus dem Emirat kämpferisch sind: "Wir verdienen diese Chance, wir werden wiederkommen und stärker sein", sagte Noora Al-Mannai, die Bewerbungschefin.
Im September 2013 stehen der Vollversammlung des IOC damit Tokio, Istanbul und Madrid zur Wahl. Alle drei Bewerber erhielten gute Zeugnisse, auch wenn in dem Bericht bei Istanbul die großen Distanzen zwischen den Wettkampfstätten angeführt wurden. Im Fall von Madrid empfahlen die Prüfer dem IOC, die angespannte Wirtschaftslage Spaniens genau zu überwachen. Tokio schnitt von allen Kandidaten am besten ab, doch am Ende werden es doch vor allem (sport)politische Fragen sein, die entscheiden.
Doch mit dem Ausscheiden der beiden am schlechtesten bewerteten Bewerber hat das IOC dafür gesorgt, dass im Gegensatz zum Fußball der Letzte am Ende nicht der Erste sein wird.